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Das unerwartete Glück der Familie Payan

Frankreich 2016 (Le petit locataire) Regie: Nadège Loiseau mit Karin Viard, Philippe Rebbot, Hélène Vincent 104 Min.

Immer kommt sie zu spät, immer verpasst sie was: Nachdem Nicole Payan (Karin Viard) diesmal am Hafen den Untergang ihres Sohnes verpasst hat – er ist auf einem U-Boot stationiert, steht ein verärgertes Lebens-Resümee an. Doch viel Zeit zum Ãœberdenken bleibt nicht, denn prompt kündigt sich auch sehr spät bei der 49-Jährigen eine weitere Schwangerschaft an. Ist dafür noch Zeit bei der Pflege der verwirrten Mutter, der herrlich verantwortungslosen und kindischen Tochter, der Enkelin im Hotel Mama? Und neben dem Geldverdienen, denn ihr Mann Jean-Pierre (Philippe Rebbot) träumt ohne Gehalt vom Erfolg der Turner-Mannschaft, die er betreut. Eine Abtreibung wird kurz angedacht, aber schnell verworfen. Als Mama dann zusammenbricht und im Krankenhaus absolute Ruhe verordnet bekommt, ruft das die ganze Mehrgenerationen-Familie zur Verantwortung. Mit sehr komischen Konsequenzen.

Die Regisseurin Nadège Loiseau „verlängerte“ ihren Kurzfilm „Le locataire“ (2013) zu einer ebenso flotten wie einfühlsamen Komödie. Sie beweist dabei großes Talent für pointierte Szenen: Das „Familien-Gespräch“ am Schlagbaum der Maut-Station, bei der Nicole arbeitet, ist nicht nur dank Philippe Rebbots trottelig gespieltem Ehemann komisch. Als sie die Schwangerschaft ihrem Mann mitteilt, ist das ein Dialog aus lauter Auslassungen. Dazu gibt es gute, treffende Bilder: Die vielen Jobs der „Wonder Woman“ werden einfach ausgedrückt in den Schuhwechseln von Arbeiterschuhen, zu Pantoffeln, zu den hochhackigen und wieder von vorne. Selbst alte Scherze wie die hilflosen Männer vor der Waschmaschine funktionieren hier noch herrlich gut.

„Das unerwartete Glück der Familie Payan“ dreht sich denn auch hauptsächlich darum, die Geschlechterrollen durcheinander zu wirbeln. Das Thema der späten Schwangerschaft wird gestreift und sorgt für ein bewegtes Finale, aber in der gekonnt spielerischen Aufdeckung der ganzen Bequemlichkeiten, die Nicole (er-) tragen muss, liegt das Pfund dieser klugen Komödie. Erst als die Tochter, Mutter, Großmutter und Ehefrau in Personalunion mit einem Blutdruckmesser konstant vor Aufregung gewarnt wird, stoßen die Lieben um sie herum an eine Grenze, die sich laut piepend deutlich macht. Was in diesem Spaß bedeutet, dass es ziemlich oft sehr laut piepsen wird. Karin Viard („Delikatessen“, „Verstehen Sie die Béliers?“) spielt wie immer großartig. Aber das Gelingen, dieses sehenswerten Films basiert vor allem auf den vielen einfallsreichen, lebensnahen, glaubhaften und witzigen Ideen der Autorin Nadège Loiseau in ihrem bemerkenswerten Kinodebüt.


Ein FILMtabs.de Artikel