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Ein Dorf sieht schwarz

Frankreich 2016 (Bienvenue à Marly-Gomont) Regie: Julien Rambaldi mit Marc Zinga, Aïssa Maïga, Bayron Lebli, Médina Diarra 94 Min. FSK: ab 0

Gleich zwei Integrations-Komödien belasten die deutsch-französische Kino-Freundschaft in dieser Woche schwer. Dabei muss man bei der „ernsthafteren“ für das Gutgemeinte so viele platte Scherze ertragen, dass jede Toleranz aufhört: Als Seyolo Zantoko (Marc Zinga) 1975 in Frankreich sein Medizin-Studium abschließt, entscheidet er sich gegen einen wohldotierten Job im korrupten System des Kongo und übernimmt stattdessen eine verwaiste Praxis im kleinen Kaff Marly-Gomont nördlich von Paris an. Als Frau und Kinder nachreisen, erwarten sie die Champs Elysee, doch Marly-Gomont ist „schlimmer als im Kongo“, zudem regnet es dauernd.

Die einheimische Bevölkerung, die ihre Intelligenz scheinbar durch konsequenten Inzest runtergewirtschaftet hat, begrüßt die neuen schwarzen Mitbewohner durch hemmungsloses Glotzen. Die kümmerliche Praxis von Dr. Zantoko bleibt leer, selbst Hochschwangere rennen vor ihm weg, Bauern schießen auf ihn. Auf einen studierten Menschen müssen diese Landeier mit ihrem unverständlichen Dialekt wie Mittelalter wirken. Ihr Gesundheitsstand ist mit eitrigem Ausschlag und faulen Zähnen dementsprechend. Die Kinder vom Doktor sprechen besser Französisch als die Dörfler. Auf der Leinwand wirkt das alles sehr übertrieben und mit Frau Zantoko (Aïssa Maïga) langweilen wir uns ungemein. Nur sie darf sich die Zeit mit teuren Anrufen nach Hause vertreiben.

So unglaubwürdig diese lahme, sehr vorhersehbare Klamotte wirkt, man muss es sich vielleicht als Psychogram der französischen Provinz vorstellen, die eifrig Marine Le Pen wählt. Denn es gibt auch für diesen unangenehmen Ausschlag des Kinos ein Authentizitäts-Siegel: 2006 landete der Rapper Kamini mit seinem Song „Marly Gomont“ einen Internet-Hit. Er ist der kleine Sohn des Arztes, der schließlich 40 Jahre lang im Dorf praktizierte. Trotzdem bekam die rassistische Le Pen 2012 unglaubliche 30 Prozent der Stimmen. Daran wird auch ein Film nichts ändern, der nie das geistige Gatter schwarz-weißer Klischees verlässt. Die einfältigen Beschreibungen werden sowohl für die heftige Diskriminierung als auch für die plötzliche Akzeptierung der Fremden eingesetzt. Dabei lässt die harmlose, behäbig inszenierte Nichtigkeit vor allem den Biss vermissen, mit dem der Komoiker Kheiron seine ähnliche Jugendgeschichte „Nur wir drei gemeinsam“ so ehrlich und sehenswert gestaltete.


Ein FILMtabs.de Artikel