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Safari (2016)

Österreich, 2016 Regie: Ulrich Seidl 91 Min. FSK: ab 12

Nach Gänsehaut-Trips in Österreicher Keller, in die Köpfe von „Models“ und zuletzt ins „Paradies“ von Glaube, Liebe, Hoffnung nimmt uns der grenzüberschreitend „unreine“ Dokumentarist Ulrich Seidl mit auf eine Safari nach Afrika. Im Fokus sind Buschböcke, Impalas, Zebras, Gnus und Giraffen, aber vor allem der gemeine Jäger.

Deutsche und österreichische Jagdtouristen schießen sich die stattliche Preisliste für ihre Jagdtrophäen hoch. Ohne die Opfer zu sehen, folgen wir einem Jäger, seinem Führer und einem schwarzen Assistenten durch den Busch. Ein verhinderter John Wayne in kompletter Outdoor-Ausstattung gibt einem kleinen Gnu posthum den Lob des touristischen Killers: „Guter Kämpfer, mein Freund!“

Mal wird das ganze Anschleichen mit einem Dreifuss als Gewehrkrücke spannend geschnitten, dann sieht man einen der Herren der Schöpfung mit Wampe und Dosenbier auf dem Hochsitz eindösen. Zurecht drapiert und geschminkt, noch etwas Gras aus dem Bild, stellt man das Erinnerungsfoto mit dem Kadaver. Dann finden sich die Safari-Touristen zum Interview in den symmetrisch aufgebauten Tableaus des Jägers menschlicher Abgründe, Ulrich Seidl. Die Äußerungen der viel Geld zahlenden Freizeitkiller, die nicht mal ohne Leiterchen aus dem Jeep steigen können, sind schaurig und komisch. Zum Schießen. Die Gründe reichen von Entwicklungshilfe bis zur tierischer Euthanasie. Aber vor allem die Trophäen-Frau, die gleich mit ihrem ganzen Rudel jagt, kann die erotisierende Aufregung des Tötens nicht verbergen. Dieser Person will man auch in Wien nicht im Dunklen begegnen!

Während sich die ganze blutrünstige Sippe gegenseitig mit zynischen Äußerungen rund um „das Stück“ (Tier) überbietet, sehen wir das unappetitliche Ausschlachten der Beute, das den Schwarzen vorbehalten ist. Spätestens beim langsamen Verenden einer Giraffe vor der Kamera (während die anderen Tiere der Herde rührend in der Nähe warten) ist dies kein veganer Film mehr. „Safari“ ist nicht analytisch, es gibt keine Zahlen, kein Off-Kommentar, nur von jung bis alt ausgewählt hässliche Menschen, die zur Beobachtung frei gegeben werden. Das ist ähnlich widerwärtig und gleichzeitig faszinierend wie die Sex-Touristinnen mit ihren afrikanischen Lover-Boys in „Paradies: Liebe“. Es bleibt rätselhaft, dass sich immer noch Leute vor der Kamera des in Filmkreisen berühmten und in konservativen Kreisen berüchtigten Ulrich Seidl entblößen – oder teilweise sogar erblöden. Fremdschämen ist da nicht angebracht, Staunen um so mehr.


Ein FILMtabs.de Artikel