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Swiss Army Man

USA 2016 Regie: Dan Kwan (als Daniels), Daniel Scheinert (als Daniels) mit Paul Dano, Daniel Radcliffe 97 Min. FSK: ab 12

Gestrandet auf einer einsamen Insel, da kann nur ein Wunder helfen. Gerade als Hank (Paul Dano) seinem Elend ein Ende mit dem Strick machen will, schwemmt ihm das Schicksal das Wunder an. Es sieht aus wie Harry Potter und ist ziemlich leblos. Bis auf die dauernden und kräftigen Fürze in Folge seiner Verwesung. Die ausführlichste und verrückteste Furz-Szene der Filmgeschichte ist der Auftakt einer ebenso skurrilen, schönen wie berührenden Geschichte um ziemlich beste und enge Freunde.

Ja, tatsächlich, Hank düst mit dem Manny (Daniel Radcliffe) genannten Strandgut dank dessen Flatulenzen wie auf Jet-Ski durch die Brandung zu neuen Ufern. Und fortan hilft der Tote wie ein Schweizer Messer – daher der Filmtitel – auf verrückt geniale Weise beim Ãœberleben. Hank nutzt ihn als Wasserflasche oder Anzünder und bringt ihm sogar das Sprechen bei. Und dann wird auch noch Mannys Penis lebendiger als er selbst. Aber selbst dieser besonders unfassbare Moment unter allen unglaublichen Momenten zielt auf etwas Ernsthaftes. In den Zwiegesprächen mit seinem neuen, toten Freund kommt man Hanks Leben ganz nahe, erfährt wie er in der Schule als Sonderling gehänselt wurde, welche Probleme er mit seinem Vater hat.

Dazu will der Tote vor allem eines wissen: Was ist Leben? Die Antworten werden mit in der Wildnis vorgefundenen Abfällen wie im Comic inszeniert oder wie auf der Laien-Puppenbühne gebastelt, sehr ähnlich einigen Filmen von Michel Gondry („Science of Sleep – Anleitung zum Träumen“). Bei aller Poesie und Verrücktheit solcher Szenen rühren sie doch, sogar mehr als die im Vergleich recht professionelle Strandung von Tom Hanks in „Cast Away – Verschollen“. Hank ist nicht nur bewegender als Hanks, er ist auch origineller und – trotz mitgeschlepptem Toten – filmisch viel lebendiger. Die Themen, welche uns von den Filmemachern Dan Kwan und Daniel Scheinert (unter dem Psyeudonym „Daniels“) präsentiert werden, gehen tiefer und weiter.

Wie viel Wahnsinn im Erlebnis des definitiv seltsamen Schiffbrüchigen Hank liegt, bleibt offen. Klar ist, dass Ex-Harry Potter Daniel Radcliffe an einer Filmographie bastelt, die ihresgleichen sucht. Einen Film lang in der Nebenrolle tot und furzend zu agieren, das wird ihm keiner nachmachen. Doch im Gegensatz zu sonstigen filmischen Flatulenzen hat „Swiss Army Man“ so viel Substanz und Seele, dass Radcliffe sowohl für einen Oscar als auch für die Goldenen Himbeeren nominiert werden könnte.


Ein FILMtabs.de Artikel