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Mahana – Eine Maori-Saga

Neuseeland 2016 Regie: Lee Tamahori mit Temuera Morrison, Akuhata Keefe, Nancy Brunning, Jim Moriarty 103 Min.

Lee Tamahori brachte 1994 mit seinem Debüt „Once were warriors“ erfolgreich das schwierige Leben der Maori in Neuseeland auf die filmische Landkarte. Danach verlor sich sein Talent bei großen Hollywood-Produktionen wie „xXx 2 – The Next Level“, „Stirb an einem anderen Tag“, „Auf Messers Schneide“ oder „Nach eigenen Regeln“. Nun ist Tamahori zurück in Neuseeland bei den Maori, mit einer packenden historischen Geschichte und alten Qualitäten auf der Basis eines Romans von „Whale Rider“-Autor Witi Ihimaera.

In den Sechzigerjahren leben die Maori-Familien der Mahanas und Poatas an der Ostküste Neuseelands vom Schafscheren. Die Clan-Strukturen mit einem mächtigen Patriarchen haben sich zu Sub-Unternehmer der weißen Landdiebe gewandelt. Im Akkord scheren sie die Tiere der Herrschenden und identifizieren sich derart mit der Rolle, dass Schafschur-Wettbewerbe einen Höhepunkt des Jahres darstellen. Die Mahanas und Poatas sind dabei erbitterte Rivalen. Als der kluge 14-jährige Simeon (Akuhata Keefe) aus der Mahana-Sippe sich gegen seinen gewalttätig herrschenden Großvater Tamihana (Temuera Morrison) auflehnt, beginnt ein klassisches Filmdrama. Der junge Rebell, diesmal nicht „Jenseits von Eden“ und im Wilden Westen, sondern in der betörend schön gefilmten Natur Neuseelands.

„Mahana“ erzählt eine große Geschichte vom Konflikt zweier Clans, von einer tragischen Liebe, von der wie selbstverständlichen Unterdrückung eines ganzen Volkes und von der jungen Hoffnung, die dies alles aufbrechen und ändern kann. Beim Schulausflug zu einem regionalen Gericht, unterbricht der 14-Jährige die Verhandlung, um auf die himmelsschreiende Ungerechtigkeit gegenüber den angeklagten Ureinwohnern hinzuweisen. Das Foto, das seine Oma Ramona ausgerechnet mit dem Oberhaupt der verfeindeten Sippe zeigt, lässt dem Neugierigen keine Ruhe. Und dann gibt es selbstverständlich auch noch eine junge Romeo & Julia-Geschichte.

Die Charaktere in diesem altmodisch inszenierten, aber trotzdem sehr eindrucksvollen Epos haben viele Schattierungen. So kann man bei der Geschichte des Patriarchen Tamihana mit Bewunderung verfolgen, wie seine Familie einst das Land gewonnen hat und wie er es schafft, die vielen Köpfe des Clans mit halbwegs ehrenvoller Arbeit zu ernähren. Denn in den Städten sind die Maori nicht nur ebenso rechtlose Menschen zweiten Ranges, sie leben auch im Elend. Der bekannte Darsteller Temuera Morrison ist mit seinen Auftritten in „Green Lantern“ oder „Star Wars“ einer der bekanntesten Export-Artikel seines Landes und seine kraftvolle Präsenz trägt viel zur großen Wirkung von „Mahana“ bei. Großmutter Ramona bildet das Herz der Familie, eine stille, aber starke Rolle für Nancy Brunning. Während Tamihana unter dem Cowboy-Hut schon modern angepasst lebt, erzählt das Gesicht der eigentlichen Landerbin hinter den eigentümlichen Tätowierungen von noch älteren Geschichten.

Simeon Mahana selbst, der Rebell, entwickelt als prädestinierter Nachfolger des Patriarchen einen spannenden Zwiespalt: Nur mit den verachteten Methoden des Großvaters kann er die Familie retten. Ein wenig so, wie der mittlerweile 66-jährige Regisseur Lee Tamahori verfährt: Mit den Mitteln der nicht nur filmischen Kolonisatoren, mit dem Stil des klassischen Hollywood inszeniert er diesen großen Film im Namen der entrechteten und beraubten Maori. Hier wird die Landschaft Neuseelands nicht nur verwendet, um mit hoppelnden Hobbits auf grünen Wiesen Warners Konzern-Kasse zu füllen, hier ist sie der authentische Hintergrund einer mitreißenden Anklage und einer hoffnungsvollen Rebellion.


Ein FILMtabs.de Artikel