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Mein Praktikum in Kanada

Kanada 2015 (Guibord s’en va-t-en guerre) mit Patrick Huard, Suzanne Clément, Irdens Exantus, Clémence Dufresne-Deslières 108 Min.

Was ist das eigentlich für ein Land, dieses seltsame Kanada? Eines, in dem ein ehemaliger Eishockey-Star gemütlich und völlig unpolitisch Parlamentarier werden kann. Nicht die einzige Seltsamkeit in dem einzigartigen Staatsgebilde, wie auch die umwerfend komische Polit-Satire „Mein Praktikum in Kanada“ ganz einfach erklärt. Denn die Perspektive ist die eines Praktikanten aus Haiti, Souverain Pascal (Irdens Exantus). Im abgelegenen Bezirk Prescott-Makadewa-Rapides-aux Outardes, im Norden Québecs, ist bis auf ein paar Straßenblockaden der Ureinwohner nie was los. Doch durch eine mysteriöse Abwesenheit einer Abgeordneten in der Hauptstadt hat der gewählte Vertreter Steve Guibord (Patrick Huard aus „Starbuck“) plötzlich die entscheidende Stimme in einer großen außerpolitischen Frage: Soll Kanada sich an einem Kriegseinsatz im Nahen Osten beteiligen?

Der ziemlich rat- und ahnungslose Guibord nimmt spontan die von Rousseau geliehene Idee seines neuen Praktikanten Souverain auf: Direkte Demokratie, frag doch den Souverän, also den Wähler. Damit brockt sich der eher bequeme Vorzeige-Politiker mit Flugangst eine chaotische Odyssee in seinem rieseigen Wahlkreis ein. Dabei gab es Ärger schon beim Abendessen, denn Guibords Tochter ist gegen den Kriegseinsatz und verfolgt den ebenfalls meinungslosen Vater mit einer Gegenkampagne.

Regisseur Philippe Falardeau („Monsieur Lazhar“) gelingt das Kunststück, mit einer knackigen Komödie zu unterhalten und gleichzeitig den Politbetrieb trefflich aufs Korn zu nehmen. Ob Pöstchen-Besetzer, überspannte Pro- und Gegen-Bewegungen oder Ränkespiele hinter den Kulissen, irgendwie ist das ganze Spektrum von übelsten Polit-Karrieristen bis zu idealistischen Theorien vertreten. Genauso gebannt wie das Kino-Publikum verfolgt per Skype das Dorf vom Politologen Souverain die Entscheidung. Und vor allem versteht man am Ende, bestens unterhalten und locker gelacht, sogar dieses seltsame Kanada etwas besser.


Ein FILMtabs.de Artikel