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Chevalier

GR 2014, R: Athina Rachel Tsangari, D: Giannis Drakopoulos, Kostas Filippoglou, Yiorgos Kendros

Am Anfang streicheln sie sich noch liebevoll ihre gegenseitigen Egos. Doch wenn keiner hinguckt, wird vor dem Spiegel posiert und die schmächtigen Muskeln zittern vor der Laptop-Kamera. Wir befinden uns an Bord einer Luxusyacht inmitten des Ägäischen Meeres. Die sechs Männer sind eigentlich zum Angeln hier. Der »Doktor« hat sie eingeladen. Alle haben ihre Jugend schon ein Stück weit hinter sich gelassen. Selbstzweifel und Potenzprobleme übernehmen. Aus Langeweile beginnen sie ein Spiel: die nächsten Tage sollen zeigen, wer von ihnen in allem der Beste ist. Fortan trägt jeder ein Heft bei sich, in dem eifrig notiert und bewertet wird. Es werden Blutwerte gemessen und Schwanzgrößen verglichen. Und aus den Freunden werden erbitterte Rivalen im Wettstreit um den Chevalier – den Siegelring des Doktors. Am Ende wird Blut fließen.
Schon in ihrem Erstling »Attenberg« setzte sich die Filmemacherin Athina Rachel Tsangari, die gemeinsam mit Regisseuren wie Yorgos Lanthimos (»Dogtooth«) Teil einer neuen Welle des griechischen Kinos ist, mit Geschlechterrollen auseinander. In ihrer höchst originellen Charakterstudie »Chevalier« konzentriert sie sich vollends auf männliches Gebaren und maskuline Eitelkeiten. Das ist ziemlich clever geschrieben und genau beobachtet. Ihr Film wandert zwischen beißender Satire und ätzender Groteske, verrät dabei aber nie seine Figuren. Die Neurosen und Marotten der Männer lernt man rasch kennen und erwischt sich dabei mitzufiebern, wer das Rennen macht. Der Hahnenkampf ist berauschend bebildert und unterlegt mit einem gut gewählten Soundtrack aus Chansons und Synthpop von Elektropionier Patrick Cowley. Zudem gibt es eine hinreißende Tanzeinlage zu Minnie Rippertons Klassiker »Lovin‘ you«. Spätestens hier hat »Chevalier« gänzlich absurde Dimensionen erreicht und wird zu einem großen, bösen Spaß.


Ein FILMtabs.de Artikel