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Gefühlt Mitte Zwanzig

USA 2014 (While we’re young) Regie: Noah Baumbach mit Ben Stiller, Naomi Watts, Adam Driver, Amanda Seyfried 98 Min. FSK: ab 0
Der Dokumentarfilmer Josh (Ben Stiller) und seine Frau Cornelia (Naomi Watts) genießen als 40-Jährige ihr kinderloses Leben in New York bis sie Jamie (Adam Driver) und Darby (Amanda Seyfried) kennen lernen. Das Paar ist Mitte Zwanzig, er junger, ziemlich affektierter Dokumentarfilmer, sie macht Eis-Creme. Die Begegnung wirkt wie eine Frischzellenkur für Josh und Cornelia: Während die alten Freunde auf infantilen Kinderbelustigen veröden, landet sie bei einem fortgeschrittenen HipHop-Kurs. Josh besorgt sich ein Fahrrad und Hipster-Hut, was der Film gleich für noch ein Godard-Zitat nutzt.
Die Vierziger sind selbstzufrieden und auch ohne finanziell erfolgreiche Projekte arriviert. Streicheln ihre Elektrogeräte, werfen mit hochgestochenen Theorien und Vorhaben um sich. Dagegen leben die jungen Hipster voll retro in ihrer analogen Wohnung mit Videos, Schallplatten und Büchern. Sie gogglen nicht gleich alles – „das wäre zu einfach“.
Völlig begeistert von dem 25 Jahre jüngeren Pärchen, machen die Senioren abends plötzlich wieder was und dann auch noch was Zweites. Jamie will Josh als Ko-Regisseur für sein Projekt, Facebook vor der Kamera real zu machen, also wirklich mit den Leuten zu reden, die einen die Freundschaft antragen. Der erste, der ihn kontaktiert, ist ein Veteran, der nach einem Selbstmordversuch in der Psychiatrie landete. Doch Josh erweist sich, während er seinen älteren Ko-Regisseur als Stichwortgeber inszeniert, als sehr manipulatives, rücksichtslos berechnendes Bürschchen, ebenso ein- wie ausnehmend.
Nach „Frances Ha“ glaubte man, der spezielle federleichte Blick Baumbachs würde dank der Hauptdarstellerin Greta Gerwig so großartig funktionieren. Doch Baumbach gelingt die gleiche, wunderbare Leichtigkeit auch mit einer älteren Generation. Denn nach viel herzerfrischendem Spaß und einer bemerkenswerten Diskussion über die Ethik des Dokumentarfilms erweist sich „Gefühlt Mitte Zwanzig“ doch wieder als weiterer Schritt des Erwachsenwerdens.
Mit der speziellen Note, dass mit Ben Stiller und Naomi Watts zwei sehr bekannte Schauspieler völlig aus der Rolle fallen. Sie machen sich lächerlich, aber das völlig glaubhaft. Selbst während einer drogenunterstützten Meditationssitzung, bei der sie sich zu der Vangelis-Melodie von „Blade Runner“ wortwörtlich auskotzen und dann noch etwas aussprechen. Dazwischen immer Gedanken und Diskussionen über Freiheit der Kunst, Förderung vom Staat oder vom berühmten Schwiegervater. Tatsächlich muss man hier die Formulierung aufgreifen, dass Regisseur Noah Baumbach („Der Tintenfisch und der Wal“, „Margot und die Hochzeit“, „Greenberg“) der „Woody Allen für eine neue Generation“ ist. Allerdings ist er in seiner leichten, beglückenden Stimmung doch ganz anders und deshalb unbedingt zu entdecken und zu erleben.


Ein FILMtabs.de Artikel