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In meinem Kopf ein Universum

Polen 2013 (Chce Sie Zyc) Regie: Maciej Pieprzyca mit Dawid Ogrodnik, Dorota Kolak, Arkadiusz Jakubik, Helena Sujecka 111 Min. FSK: ab 6
Für die Passanten in der kleinen polnischen Stadt, die mit abschätzigem Blick vorbeieilen, ist es nicht mehr als ein Grunzen, das der Junge im Rollstuhl von sich gibt. Sein Kopf und seine Gliedmaßen bewegen sich unkontrolliert in alle Richtungen, aus seinem Mund fließt Speichel. Doch hinter den Augen arbeitet Mateus auf Hochtouren daran, einen Pfad in die Außenwelt zu finden. Der Weg dorthin ist jedoch unmenschlich schwer.
»Ihr Sohn ist Gemüse« – die Ärztin fällt das vernichtende Urteil über Mateus’ Geisteszustand gleich zu Beginn der Geschichte. Seine Spastiken, die Tatsache, dass er weder in der Lage ist, sich verbal auszudrücken, noch selbständig einfache Dinge zu bewältigen, bestärken die anderen in ihrem Urteil. Sein Vater und der Bruder kümmern sich liebevoll um ihn. Die Schwester behandelt ihn der Diagnose entsprechend, fortwährend unter dem Eindruck, zu kurz zu kommen. Sie alle haben sich mit der Tatsache abgefunden, dass er geistig behindert ist. Nur Mateus’ Mutter gibt ihn nicht auf und fördert seinen Geist, wo sie es kann. Doch der Weg in ein Heim scheint unausweichlich und die Zukunft des zum Mann heranwachsenden Jungen ist ungewiss.
Mit präzisen Beobachtungen kommentiert der erwachsene Mateus seine Lebensgeschichte aus dem Off mit Zeilen aus seiner Autobiografie. Der polnische Regisseur Maciej Pieprzyca zeichnet die Leidensgeschichte eines Menschen nach, der – so formuliert es auch der Originaltitel – einfach nur leben will. Die Steine, die das Leben Mateus dabei in den Weg legt, sind hart und kaum zu überwinden. Sein unbändiger Wille wandelt das menschliche Drama zu einem mitreißenden Triumph. Pieprzyca inszeniert das zurückhaltend und nie ins Pathetische überhöht. Die herausragende Leistung des körperlich gesunden Hauptdarstellers Dawid Ogrodnik sorgt für eine zutiefst berührende, realistische Schilderung des Leidenswegs eines Mannes, der in seinem eigenen Körper gefangen ist. Dafür regnete es Preise auf zahlreichen Festivals.


Ein FILMtabs.de Artikel