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Berlinale 2015 Victoria (Wettbewerb)

BRD 2015 R: Sebastian Schipper D: Laia Costa, Frederick Lau, Franz Rogowski, Burak Yigit, Max Mauff, André M. Hennicke, Anna Lena Klenke, Eike Schulz
Ein Weltrekord! 140 Minuten für eine ununterbrochene Szene! Das ist länger als Aleksandr Sokurovs “Russian Ark“, die Endlosfahrt durch die Zeitgeschichte der Eremitage in St. Petersburg aus 2002. Und echter als die scheinbare Endlosfahrt in „Birdman“, bei der viel digital getrickst wurde. In „Victoria“, dem ersten deutschen Wettbewerbsfilm der Berlinale, sind es 140 Minuten und mindestens 30 davon zu lang, um Sebastian Schippers (“Absolute Giganten“, “Mitte Ende August“) faszinierenden Nacht-Trip durch Berlin komplett gelingen zu lassen.
Die ersten Bilder flashen mit Stroboskop und House-Music eines Clubs. Dann lässt sich Sebastian Schipper eine Stunde Zeit, um die enge Freundschaft von vier rauen Berliner Jungs sowie die beginnende Anziehung zwischen dem sympathisch einfachen „Sonne“ und der spanischen Kellnerin Victoria zu etablieren. Nachdem es ungeschnitten aus dem Club auf die Straße, auf ein Dach, in ein Kaffee ging, und man schon etwas den Drive von Schippers Debüt „Giganten“ vermisst, beginnt nach einer Stunde ein knallharter Krimi, eine hochdramatische und romantische Geschichte, die jede Minute packt.
Erstaunlich dabei, dass man den Weltrekord-Versuch glatt vergisst. Das Spiel ist kraftvoll und lebendig, kleine Unfälle und Aussetzer werden spontan integriert. Trotzdem sind die Figuren exakt charakterisiert, die haltlos Jugendlichen aus dem echten Berlin, die Spanierin Victoria, deren Lebenstraum als Pianistin gerade gescheitert ist und die alles mitmacht. Es war angeblich der dritte und letzte Versuch, diesen einen „Take“ auf die Festplatte zu bekommen. Ein origineller Aufmacher, ein nettes Alleinstellungsmerkmal. Doch ganz krass gesagt: Ein paar Schnitte hätten den Film noch besser gemacht!


Ein FILMtabs.de Artikel