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Phoenix

BRD 2014 Regie: Christian Petzold mit Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Nina Kunzendorf, Michael Maertens 98 Min. FSK: ab 12
Zurück ins Leben
Christian Petzold wagt sich tiefer zurück in die Vergangenheit. Bereits mit »Die innere Sicherheit«, wo er sich mit dem Erbe der RAF auseinandersetzte, und seinem letzten Film »Barbara«, einer Momentaufnahme des Lebens in der DDR, befasste er sich mit deutscher Geschichte. Nun bewegt er sich auf Pfaden, die filmisch ausgetreten erscheinen. Petzold geht es aber wie so oft eher darum ein Gefühl einzufangen, als um eine akribische historische Aufarbeitung. Aus der Dunkelheit tritt die Jüdin Nelly ins Licht der Leinwand. Sie ist durch die Hölle gegangen. Schwer verletzt, mit zerstörtem Gesicht wird sie im Juni 1945 in ihre alte Heimat gebracht. Die Ärzte rekonstruieren ihr Antlitz, doch als sie erwacht, hat sie keinen Bezug mehr zu der Frau, die sie einst war. Lene, ihre Freundin aus Vorkriegstagen und Mitarbeiterin der Jewish Agency, plant mit ihr die Flucht nach Palästina. Doch Nelly treibt die Suche nach Johnny an, ihren Mann, der ihren Überlebenswillen prägte. Als sie ihn findet, erkennt er sie nicht, ebensowenig wie sie sich erkennt. Johnnys Idee, das sie in die Rolle seiner totgeglaubten Frau schlüpft, um an das Erbe heran zu kommen, ist für Nelly der einzige Weg zurück ins Leben. Geschickt spart Christian Petzold die Erlebnisse Nellys im KZ aus und verarbeitet sie zwischen den Zeilen. Dabei kann er sich in seinem elften Film, der auch eine stilsicher inszenierte Hommage an den Film Noir darstellt, auf die bewährte Besetzung von Nina Hoss als Nelly und Ronald Zehrfeld in der Rolle des Johnny verlassen. Hoss spielt die einst so strahlende Sängerin als lebenden Tote, die taub durch das zerstörte Berlin wandert. Die atmosphärische Dichte dieses Kammerspiels lässt den ein oder anderen inszenatorischen Fauxpas verzeihen. Die Augen kleben gebannt an der Leinwand. Zu verdanken ist dies auch der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Petzold und Harun Farocki, die leider durch den kürzlichen Tod des Autors ein jähes Ende nahm.


Ein FILMtabs.de Artikel