« | Home | »

Lauf Junge Lauf

BRD 2013 Regie: Pepe Danquart mit Andrzej Tkacz, Kamil Tkacz, Itay Tiran, Elisabeth Duda, Zbigniew Zamachowski, Jeanette Hain, Lukasz Gajdzis, Rainer Bock 108 Min. Nach Uri Orlevs Roman „Lauf, Junge, Lauf“ erzählt der gleichnamige Film von Pepe Danquart („Höllentour“ 2004, „Nach Saison“ 1997, „Phoolan Devi – Rebellion einer Banditin“ 1993) vom Ãœberleben eines jüdischen Jungen in Polen während der deutschen Besatzung. Srulik (gespielt von den Zwillingen Andrzej und Kamil Tkacz) entkommt mit neun Jahren auf Messers Schneider dem Warschauer Ghetto. Im riesigen Waldgebiet Kampinoski versucht er, in der Wildnis zu überleben, schläft auf Bäumen, jagt Kleintiere und ernährt sich von Beeren. Der erste eisige Winter zwingt ihn zurück in die Dörfer, wo er Ablehnung und Prügel erhält. Die alleinstehende Bäuerin Magda Janczyk (Elisabeth Duda) jedoch nimmt ihn auf und bringt ihm bei, sich als polnischer Christ auszugeben, samt neuem Namen Jurek, anderem Schicksal und Vater Unser. Doch bald wird es für die der Partisanen-Unterstützung Verdächtigte zu gefährlich, Srulik muss weiter laufen. Der Wechsel zwischen menschenverachtenden und mitfühlenden Begegnungen setzt sich fort. Denn bei viel Ablehnung wird er auch immer wieder hilfsbereit aufgenommen. Nach Monaten bei einer anderen Familie verrät ihn beim Spielen mit anderen Kindern die beschnittene Vorhaut. Nach einem Ernte-Unfall verliert er wegen eines rassistischen Arztes Hand und Unterarm. Ein deutscher Kommandant, der ihn eigenhändig erschießen wollte, verfolgt ihn ausdauernd. In eingestreuten Rückblenden erleben wir, wie Srulik dem Ghetto entflieht und von seiner Mutter getrennt wird, wie sich sein Vater für ihn opfert. Dessen letzter Satz, er solle sich selbst treu bleiben, wird als Leitthema des Films auf eine harte Probe gestellt. Die Anpassung des Jungen geht bis zur Kommunion. Selbst nach dem Einmarsch der Russen und dem Ende des Krieges wehrt er sich dann dagegen, in ein jüdisches Waisenhaus gebracht zu werden und hält verzweifelt an der polnischen Identität fest, die ihn gerettet hat. „Lauf Junge Lauf“ ist als Holocaust-Erlebnis nicht so hart wie Polanskis „Der Pianist“ oder Andrzej Wajdas „Korczak“. Bei großem Aufwand für Kulissen und Kostüme, bei guter handwerklicher Umsetzung bleibt das innere Erleben des Kindes oft verborgen. Im Ablauf der Abenteuer und Ereignisse (Buch: Heinrich Hadding) bleibt wenig Zeit für Details, die alles Leiden und allen Schrecken deutlicher zeigen würden. Doch letztlich bleibt jenseits solcher dramaturgischen Detailfragen die Ungeheuerlichkeit des Geschehenen. Allein die Ahnung von Hundertausenden oder Millionen von furchtbaren Schicksalen, unter denen diese, im Epilog mit dem Ãœberleben inmitten seiner Kinder und Enkel in Israel besiegelten Geschichte die Ausnahme bildet, ist unfassbar. Und so ist auch dieses Erinnern bei allem Scheitern und Gelingen ein wichtiges und bemerkenswertes. ✍


Ein FILMtabs.de Artikel