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The Impossible

Spanien 2012 (Lo Imposible) Regie: Juan Antonio Bayona mit Naomi Watts, Ewan McGregor, Tom Holland, Samuel Joslin, Oaklee Pendergast, Sönke Möhring, Geraldine Chaplin 114 Min. Selten wird es diesem Kritiker beim Filmsehen richtig schlecht – „The Impossible“ schaffte noch mal das Unmögliche. Dabei ist der Tsunami-Film mit Naomi Watts und Ewan McGregor keineswegs selbst schlecht, höchstens in seiner Darstellung von Vernichtung und Zerstörung am menschlichen Körper zu drastisch. Und auf eine erstaunliche Weise so effektiv erzählt, dass man ihm das als zu viel des Guten auch noch übel nehmen könnte. Das thailändische Urlaubsressort und die britische Familie, die Weihnachten 2004 in Südost-Asien Ferien machen, sind frisch aus dem Katalog geschlüpft. Das Familienglück von Maria (Naomi Watts), Henry (Ewan McGregor) und ihren drei Kindern, ein Homevideo mit den Weihnachtsgeschenken, Tauchbilder mit Nemo. Angekitscht wünscht man sich schnelles Vorspulen zur Katastrophe und schon schlägt die Welle extrem heftig zu. Der Film folgt Maria und ihrem ältesten Sohn Lucas (Tom Holland) im Strudel, lässt jeden Ast miterleben, der sich in die Rippen der Menschen bohrt, die hilflos von den Fluten mitgerissen werden, jeden Schlag, jedes Atemlosigkeit. Dann, als man sich in ruhigeren Gewässern glaubt, schwappt noch so eine Monsterwelle von der Seite heran. Nach der sagenhaft und ausführlich inszenierten Flut lassen die Bilder der Katastrophe weiter staunen: Weit und breit eindrucksvoll verwüstete Landschaft. In diesem scheinbar menschenleeren Meer aus Schlamm und Trümmern zieht die heftig verwundete Maria eine Blutspur hinter sich her. Irgendwann klappt vor den Augen des nun nicht mehr pubertär zickigen Sohnes ein großer Hautlappen am Bein herunter. Sie finden zwischendurch Leichen oder eine Getränkedose, übernachten in einem Baum. Bewohner eines Dorfes finden sie, schleifen Maria unter extremen Schmerzen weiter, fahren sie vorbei an Leichen und verzweifelten Menschen. Das Krankenhaus ist keine Rettung, nur eine andere Vorhölle. Maria wird operiert, dann findet Lucas sie nicht mehr in ihrem Bett… Die Umsetzung der Tsunami-Katastrophe einer Touristen-Familie nach einer „wahren Geschichte“ ist der reine Horror und damit das Lieblings-Genre vieler Spanier. (Selbstverständlich sind die viel mehr betroffenen Einheimischen nur Statisten.) Schon „Vinyan“ des Franzosen Fabrice Du Welz konnte dem Schicksal hunderter verschwundener und nach dem Tsunami entführter Kinder nur mit einem Horror-Film beikommen. So beginnt auch der in Barcelona geborene Juan Antonio Bayona („Das Waisenhaus“) mit Schrecken und kann nicht von ihm lassen. Während Lucas als Waise durch das völlig überfüllte Krankenhaus irrt, geht der Film zurück zu seinem Vater und den beiden kleinen Brüdern. Henry hat am Ressort überlebt und beginnt die Suche nach Maria, für die er auch die Kinder in die Obhut anderer Touristen gibt. Wie das Taumeln im Strudel der Naturgewalt ist auch die Familienzusammenführung extrem inszeniert, diesmal als extremer Spannungs-Kitsch. Liegt es daran, dass den Figuren kaum Eigenleben unabhängig von ihrer dramaturgischen Funktion gegönnt wird? So effektiv in der direkten Wirkung, so unsympathisch bleibt diese kalkulierte Gefühlsmanipulation im distanzierten Nachgeschmack. Der kaum erträgliche Leidensweg, aus dem sich der Film nur, wenn er die Schraube nicht noch mehr andrehen kann, mit Stille und klassischer Musik ausblendet, ist letztlich Katastrophen-Porno – er zeigt alles was er hat und kann. Wenn jemand die inszenatorische Gewalt dieses Regisseurs bremsen würde, könnte da etwas ganz Großartiges entstehen.


Ein FILMtabs.de Artikel