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Agora – Die Säulen des Himmels

Agora – Die Säulen des Himmels
Spanien 2009 (Agora) Regie Alejandro Amenábar mit Rachel Weisz, Max Minghella, Oscar Isaac 126 Min.

In dem eindrucksvoll inszenierten Historiendrama „Agora“ um die historisch verbürgte, frühe ägyptische Wissenschaftlerin Hypatia stellt der Spanier Alejandro Amenábar Aufklärung, freien Willen und gesunden Menschenverstand dem religiösen Wahn entgegen. Im Alexandria des 4. Jahrhunderts lehrt die Wissenschaftlerin Hypatia (Rachel Weisz) Astronomie und Toleranz. Doch Unruhen um eine aufkommende radikale Religionsgruppe namens Christen reichen bis in den Hort der Vernunft. Ein paar Pogrome, Gemetzel und Barbareien später haben die bärtigen Christen in ihren dunklen Gewändern die Macht übernommen, ihre ungebildeten Sittenwächter terrorisieren die Straßen, sogar der Rest der zerfallenden römischen Staatsmacht ergibt sich ihnen.

Die Schüler der alten Klasse Hypathias finden sich auf neuen Positionen einer religiös verseuchten Gesellschaft: Der konvertierte Oreste (Oscar Isaac) ist römischer Statthalter und kann doch nicht die geliebte Hypatia schützen. Der ehemalige Sklave Davus (Max Minghella), der Jahre beim christlichen Stoßtrupp für Rechtlosigkeit sorgte, bleibt seiner einstigen Herrin bis zuletzt treu. Denn nachdem die Christen die alte Religion und die Juden ausgemerzt haben, müssen sie jetzt die Vernunft der genialen Astronomin auslöschen und brandmarken sie als Hexe…

Das Liebesdrama ist gleichzeitig eine Metapher: Sowohl der Davus als auch Oreste umwerben die Vernunft in Form von Hypatia. Doch die lässt sich nicht vereinnahmen, liebt nur die Wissenschaft. „Agora“ kann ein wunderbarer Aufreger sein. Denn nach diesem klugen Film denkt man gerne über ein allgemeines Religionsverbot nach. „Agora“ vergleicht nicht, welche Religion schrecklicher metzelt, all diese Clübchen haben scheinbar nur das Ziel, die Hölle auf Erden möglichst schnell herbeizuführen. Selbstverständlich in Gottes Auftrag und für das Seelenheil der gerade Niedergemetzelten. Besonders furchtbar ist der erbitterte Kampf mit Feuer und Schwert gegen die Vernunft und den Atheismus. Dass die Frau Hypatia wahrscheinlich 1200 Jahre vor Keppler herausfand, wie die Erde sich in elliptischer Bahn um die Sonne dreht, wird da zur Nebensache.
 
Der Spanier Alejandro Amenábar („The Others“) hat keinen durchgehend gelungenen, aber einen für unsere Zeit enorm wichtigen Film gedreht. Wer jetzt bedauert, das die Poesie der „Liebenden vom Polarkreis“, die Romantik und die magische Sexualität der früheren Filme Amenábars durch das erdenschwere Thema Religion verschwunden sind, verhält sich dabei ebenso wie Hypatia, die bei allen astronomischen Studien übersieht, was in der Welt um sie passiert – ob sie sich dreht oder auch nicht.


Ein FILMtabs.de Artikel