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Séraphine

F 2008 Regie: Martin Provost mit Yolande Moreau, Ulrich Tukur, Anne Bennent, Geneviève Mnich, Nico Rogner 131 Min.
Gebeuteltes Genie
Sie ist der Fußabtreter der gehobenen Gesellschaft, wischt ihre Böden, leert ihre Pisspötte und kocht ihnen Tee. Doch wenn sich die Türen ihres kargen Zimmers schließen, gehört ihre Leidenschaft nur der Jungfrau Maria. Séraphine (Yolande Moreau) ist eine einfache Frau. Herangewachsen in einem Kloster geht sie gebeutelt vom Leben, stets gebückt durch die Gassen der französischen Kleinstadt Senlis. Sie hat gelernt, in aller Demütigung und Schufterei einen kleinen Vorteil aus jeder Situation zu ziehen. Hier ein wenig Rinderblut, dort ein Fläschchen Wachs. Nachts mischt sie ihre Trophäen in einem Mörser mit Schafgarbe und Kornblumen, um daraus Farbe herzustellen und ihre Liebe zur Natur auf kleine Holztäfelchen zu verewigen. Der angesehe Kunstmäzen Wilhelm Uhde (Ulrich Tukur), Förderer von Rousseau und Picasso, entdeckt ihre Bilder und nimmt sich der scheuen Frau an. Doch der heraufziehende Krieg reißt die beiden auseinander.
Regisseur Martin Provost inszenierte sein Porträt der Künstlerin Séraphine de Senlis (1864-1942) ohne den Bombast und das Pathos europäischer Biopics. Dadurch schafft er es umso mehr ein Gefühl für die Malerin und ihre Zeit zu vermitteln. Bilder der Armut sind allgegenwärtig und stehen im harschen Kontrast zur überwältigenden Schönheit ihrer Kunst. „Séraphine“ lebt aber auch von der Leistung zweier Leinwandpräsenzen: Ulrich Tukur spielt den Mentor mit gewissenhafter Überzeugung und die resolute Yolande Moreau, die schon in „Louise hires a contract killer“ begeisterte, geht gänzlich in ihrer Rolle auf. Dafür wurde sie zu Recht mit dem César ausgezeichnet.

Ein FILMtabs.de Artikel