Wintermärchen

Fr 1991 (Conte d'hiver) Regie und Buch: Eric Rohmer, 114 Min.

Wie ein Sommermärchen oder ein Werbespot für Sommer-Liebesglück beginnt Rohmer seinen neuen Film. Szenen die zu schön sind, um wahr zu sein. Und beim Abschied passiert es, Felicie gibt Charles die falsche Adresse, sie verwechselt den Stadtteil. Durch diesen Lapsus ist die junge Friseuse auch noch fünf Jahre später in einer Erwartungshaltung. Von Loic will Felicie sich trennen, zusammen mit ihrem Chef Maxence will sie im Nest Nevers (englisch gesprochen ein 'never', niemals) einen Friseurladen aufmachen, aber eigentlich wartet sie nur auf den Einen, den Einzigen, Charles. Beharrlich behauptet die junge, zart wirkende Frau das, was sein soll. Ihre naive Lebensphilosophie ruft Platons Gleichnis, von den zwei unvollständigen Hälften, die nach Vereinigung streben, zur Hilfe. Und auch in einer Aufführung von Shakespeares "Wintermärchen" versteht Felicie die 'Wiederbelebung' der Statue Hermiones als Zeichen für die Macht des beständigen Glaubens.

Nüchtern wie ein Bericht oder ein Tagebuch gestaltet Eric Rohmer sein "Wintermärchen" in den Tagen um Weihnachten und den Jahreswechsel. Es soll die Umkehrung der "Frühlingserzählung" sein: "Nach einem Mann und drei Frauen nun eine Frau und drei Männer", sagt der über siebzigjährige Rohmer. Seit längerem bilden seine Filme thematische Zyklen. Die "Moralischen Erzählungen" von 1962 bis 1972, die "Komödien und Sprichworte" 1981 bis 1987 und mit der "Frühlingserzählung" begann er 1989 seine "Vier Jahreszeiten". Wie gewohnt zeigt auch das "Wintermärchen" alltägliche Situationen, die zwischen einer leichten, schwebenden Selbstverständlichkeit und einer philosophischen Durchdringung pendeln. Es ist eine Frage des persönlichen Verständnisses, ob dies als Geschwätz oder als unermeßlicher Reichtum an Ideen verstanden wird. Unbestreitbar ist, daß Rohmers Filme nicht nur von jungen Menschen handeln, sondern auch sehr jung wirken. Dabei ist Eric Rohmer mit seinen Filmen, den Kritiken und den theoretischen Arbeiten schon Filmgeschichte - im positivsten Sinne. "Wintermärchen" erhielt bei der Berlinale 1992 den Preis der internationalen Kritik.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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