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Wer zum Teufel ist Juliette?

Mexiko 1997 (¿Quién Diablos Es Juliette?) Regie, Idee, Kamera, Schnitt Carlos Marcovich, 90 Min.

Diese kubanisch-mexikanische Dokumentation zeigt ein Mosaik, ein chaotisches Puzzle mit vielen Seiten und Stellungnahmen, in dem die Interviewten selbst immer wieder die Rollen wechseln. Schnell lösen sich Themen, Personen und Szenen ab. Die Informationen schwirren in teils sehr reizvollen Bildern ziellos über die Leinwand. Nur eines bleibt klar, es geht um das Leben eines jungen, frechen Mädchens, Juliette - oder wie sie insistiert: Yuliete.

Was man sich so zusammenreimt (und was vielleicht stimmen soll): Yuliete lebt in einem Viertel mit schlechtem Ruf. Ihr Vater floh vor 15 Jahren in die USA. Die Mutter verbrannte sich und starb an den Verletzungen. Nun lebt das freche Mädchen bei ihrer Großmutter in Havanna, verdient als Prostituierte mit Touristen etwas Geld.

Don Pepe, ein älterer Mann geht mit zwei Koffern durch das Bild. Er soll früher der Chef von Havannas Bank gewesen sein. Ein Junge erklärt wie ein freches Lexikon Begriffe und Eigenheiten der Gegend. Einer, der sagt, er sei Yulietes Vater, erzählt im verschneiten Nordamerika. Dann gibt es da noch Fabiola, eine Mexikanerin, die mit Yuliete in einem Musikvideo auftrat. Etwas Ahnenforschung wird sowohl bei Yuliete als auch bei Fabiola betrieben. Zwischendurch wird der Regisseur hinter der Kamera immer wieder angesprochen, die angeblichen Verhältnisse mit seinen Darstellerinnen erwähnt. Es bleibt durchgehend unbestimmt, inwieweit alles Inszenierung, also Fake, oder "Dokumentation" ist.

Die Haltung zu Kaba bleibt ambivalent: Aus dem Radio kommen Erfolgsmeldungen des tollen Schul- und Bildungssystems. Doch Yuliete beklagt, daß man niemals das studieren könne, was man wolle. Es ist erfrischend, Bilder ohne den üblichen Ideologiestreit für oder gegen Kuba zu sehen. Andererseits auch iritierend, so gar keine "Position" zu erfahren.

Die Dokumentation des Regisseurs vieler Musikvideos erhielt viele (Kritiker-) Preise in Lateinamerika. Schön wie das Gesicht Yulietes sind viele der Filmbilder. Der kleine Junge behauptet jedoch, hinter dieser Fassade verberge sich ein gemeiner Mensch - und ein zu zerstreuter Film.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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