Wege in die Nacht

BRD 1999 (Wege in die Nacht) Regie Andreas Kleinert, 98 Min.

Was soll man anfangen? Was ist das Eindringlichste an diesem besonderen Film? Das faltige, regungslose Gesicht des beängstigend stillen Mannes? Die beklemmende Situation dieser Menschen? Die packenden Schwarzweiß-Bilder von Jürgen Jürges?

Walter Bergkamp (Hilmar Thate) kommt nicht zurecht mit der Arbeit seiner Frau, der eigenen Arbeitslosigkeit. So zieht es ihn immer wieder zu den Ruinen der Hochöfen, dorthin wo er früher als Kombinatsleiter, als Genosse Bergkamp gearbeitet hat. Nacht für Nacht kontrolliert er mit zwei jungen Menschen in den U-Bahnen, ob "Alles in Ordnung" ist. Ganz selbstverständlich schlagen sie als selbst ernannte Richter und brutale Rächer zu. Voll (r)eintreten für Recht und Ordnung. Irgendwann wird der Wahnsinn mörderisch. Der krampfhaft verschlossene Walter bringt unter den musikalischen Drum-Beats eines Songs seiner jungen Schlägerin auf. Unter enormem Realitätsverlust wartet er auf gerechte Zeiten.

Immer wieder rauben die Bilder aus Kleinerts Film den Atem: Ein abgewickelter Industriekomplex fällt in sich zusammen, die abgewickelten Menschen halten sich noch auf den Beinen. Ihr Zusammenbruch ist oft eine Explosion. " Wege in die Nacht" eröffnete 1999 die renommierte Quinzaine de Realisateurs in Cannes. Es ist ein sehr exakter Film, in Bild, Erzählung und in den Figuren. Wie schon "Nachtgestalten" zählt diese Meisterwerk zu den seltenen Filmen, die treffend deutsche Wandlungen in persönlichen Geschichten erzählen können. Es ist teils ein nüchternes Protokoll wie Kluges "Der starke Ferdinand", teils ein stiller Rausch wie Scorseses "Taxi Driver".


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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