Das wandelnde Schloss

Japan 2004 (Hauru no ugoku shiro / Howl's Moving Castle) Regie: Hayao Miyazaki 120 Min. FSK ab 6

Nach Anschlägen auf Wohlbefinden und Geschmack in "Sin City" begeistert das Kino nun mit etwas ausgesprochen Positivem aus der Zeichentrickwelt. "Das wandelnde Schloss" ist das neueste Meisterwerk von Hayao Miyazaki, dem wohl reifesten und gleichzeitig fantasievollsten Animationskünstlers unserer Zeit.

Die bekannt fantastischen und liebvoll gezeichneten Welten des Japaners Miyazaki beherbergen diesmal die junge Hutmacherin Sophie, die in einer ganz westlichen Stadt mit alten Fachwerkhäusern, Dampflokomotiven, Straßenbahnen und Reiterarmeen lebt. Es steht Deutsches auf Plakaten, das Volk feiert ein Fest zu Walzerklängen. Doch in engen Gassen fließt eine schwarze Masse aus den Fugen und formt sich um Sophie zu bedrohlichen Gestalten. Die europäische Umgebung ist kein Wunder, denn der Zeichentrickfilm entstand nach dem Roman "Sophie im Schloss des Zauberers" der britischen Schriftstellerin Diana Wynne Jones.

Als die Ödland-Hexe das Mädchen in ein gebeugtes, schrumpeliges Weibchen verzaubert, macht Sophie sich mutig auf in die Berge, auf der Suche nach dem sagenhaften, wandelnden Schloss des Zauberers Howl. Die Vogelscheuche Rübenkopf hüpft ihr bald hinterher und zusammen besteigen sie das riesige schwarze Ungetüm, das auf gigantischen Insektenbeinen quietschend durch die Landschaft schreitet. Die Burg ist eine Mischung zwischen den Star Wars-Maschinen des Imperiums und einer Trick-Kreatur von Monty Python.

Sophie putzt erst einmal und lernt den jungen Marker kennen, der an der Haustür zum alten Mann wird, um Bittsteller zu empfangen. Und die kommen von überall her, denn durch diese magische Tür gelangt Howl je nach Schalterstellung entweder in die Hafenstadt, in eine dunkle Öde oder er ficht in einer Weltraum-Traumwelt einen grausamen Krieg aus. Howl gilt als der große Zauberer Jenkins und als arthurianisch klingender Pen Dragon. Der Magier ist aber auch eine getriebene Gestalt mit einem dunklen Geheimnis und einem schweren Kampf. Denn ein Krieg droht auszubrechen und der König fordert Howls Dienste ein ...

Schon auf den ersten Blick fasziniert diese Mischung zwischen altertümlich und zukünftig, in der Soldaten mit Gewehren auf libellen-artigen Flugmaschinchen schweben. Alles ist wunderbar beseelt in diesem fantastischen Meisterwerk von Miyazaki, angefangen mit der Burg, deren magische Tür einen überall hinführen kann. Mittendrin schlägt das romantische Herz der Geschichte für die Gefühle zwischen der Schönen und dem Biest, die so aussehen, wie sie sich gerade fühlen: Schön, alt, jung, monströs. Während sich die Länder bekriegen, fliehen Sophie und Howl in eine Idylle, doch es ist kein Entkommen vor den evakuierten Städten und dem Bombenkrieg.

Sophie nimmt mit ihrer rührenden Offenherzigkeit die entkräftete böse Hexe ebenso auf, wie den Hund des Zauberers Saliman.  Das weise Mädchen ist in einer ähnlichen Situation wie Chihiros in Miyazakis letztem Film "Chihiros Reise ins Zauberland", muss sich in einer fremden und bedrohlichen Umgebung orientieren, findet aber schnell neue Freunde. Auch wenn "Das wandelnde Schloss" nicht so verrückt fantasievoll wie "Chihiro" unterhält, wenn die Ambivalenz in allem und jedem nicht mehr da ist, wenn Gut und Böse klarer getrennt werden, es bleibt ein traumhafter Zeichentrickfilm für Erwachsene voller magischer Momente.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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