Die Verurteilten

USA 1994, (The Shawshank Redemption) R+B: Frank Darabont, 142 Min.

Eigentlich könnte ich seitenweise über Tim Robbins schreiben, der in den letzten zwei Jahren nur fantastische Rollen übernahm. Jetzt ist er in einem Monat gleich dreifach zu genießen: In "Pret-a-Porter" vergnügt er sich als rauhbeiniger Journalist mit der schönen Julia Roberts. In der netten Komödie "I.Q." versucht er als Automechaniker die hochintelligente Nichte Albert Einsteins zur Liebe zu bewegen und jetzt fällt er als Bankbeamter Andy Dufresne unter "Die Verurteilten" - unschuldig natürlich. Aber das behaupten all die harten Männer im Shawshank genannten Gefängnis von sich. Andy ist ruhig, zurückhaltend, doch das rettet ihn nicht vor den Vergewaltigungen der brutalen "Schwestern" und jahrelang die Hölle zu erleben. Aber der leise Andy ist auch intelligent und bald sitzen selbst die Wärter anderer Knäste vor seinem gefängnis-internen Büro Schlange, um sich Hilfe bei der Steuererklärung zu holen. Freunde hatte das clevere Kerlchen schon einige Jahre vorher. Der Gefängnisdirektor gehört allerdings nicht zu ihnen, trotzdem macht Andy das berüchtigte Shawshank zu einem florierenden, illegalen Unternehmen. "Ich mußte ins Gefängnis kommen, um kriminell zu werden," lautet einer der treffenden Kommentare Andys zur aberwitzigen Situation. Die Übereinkunft wird jedoch zur tödlichen Falle, als nach Jahrzehnten ein Zeuge für Andys Unschuld auftaucht.

"Die Verurteilten" nach der Kurzgeschichte "Rita Hayworth and the Shawshank Redemption" (deutscher Titel: Pin Up) von Stephen King ist ein perfekter Film. Alles stimmt, funktioniert, ist wunderbar. Der Erzählfluß, die Darsteller (in der unfreien Nebenrolle Morgan Freeman!), die eindrucksvolle Kulisse, das stimmungsvolle Licht, eingefangen von der fesselnden Kamera Roger Deakins'. Es gäbe 'zig beeindruckende Szenen zu erzählen, dazu einen Haufen von Überraschungen, die sich hinter dem verschmitzten Lächeln Tim Robbins verbergen. "Die Verurteilten" ist einerseits ein klassischer Gefängnisfilm, bewegt aber mit der Erkenntnis, daß jeder sein eigenes Gefängnis darstellt. Den lethargischen Mithäftlingen zeigt Andy "Fangt an zu leben oder fangt an zu sterben." Neben all seinen geglückten Bestandteilen, ist die Hoffnung das innere Band des Films. Allein die Hoffnung macht Andy zu dem erstaunlichen Menschen, der "durch einen Kanal von Scheiße watete und auf der anderen Seite fleckenlos herauskam." Ich hoffe, daß er auch noch vielen anderen so gut gefällt.

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Berlinale:

Im "Gemischtwarenladen" des Panoramas gab es mit "The Shawshank Redemption", einer weiteren "Mauer-Geschichte", einen phantastischen Auftakt: Die horrorfreie Stephen King-Verfilmung kann sich jetzt schon mit den ganz großen Gefängnis-Filmen messen. Tim Robbins spielt einen fälschlich zu "Lebenslänglich" verurteilten Notar. Auch in der brutalen Umgebung des Shawshank-Gefängnisses gibt er die Hoffnung nie auf, erkämpft sich eine Position und allen eine großartige Knast-Bibliothek. Das in Story, Ausstattung, Farben und Schauspiel hervorragende Werk von Regisseur Frank Darabont gehört schon am ersten Tag zu den Trümpfen des amerikanischen Unterhaltungskinos auf der Berlinale.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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