Die Unberührbare

BRD 1999 (Die Unberührbare) Regie und Buch Oskar Roehler, 100 Min.

Die Mauer fällt und Hanna Flanders (Hannelore Elsner) bricht beim Zusammenbruch des gescheiterten Kommunismus zusammen. In den 60er Jahren war sie gefragte Autorin, längst wird sie im Westen nicht mehr verlegt. Die psychisch labile Frau unter der gewaltigen Kleopatra-Perücke sieht keinen Lebenssinn mehr, löst ihre Münchener Wohnung auf und fährt nach Berlin. Dort auch nur noch ein Auslaufmodel beginnt sie, im exaltierten Dior-Mantel einen ergreifenden Abgang.

Eine Freundin vom DDR-Verlag quartiert Hanna außerhalb der Stadt im verschimmelten Gästehaus ein. In ihrem Taumel durch Plattenbau und Fremde lernt die masochistisch Irrende einige ihrer Leser kennen, kann aber mit der einfachen Herzlichkeit der Leute aus Witterda nichts anfangen.

Sie schluckt Pillen und Alkohol, raucht fast zwei Zigaretten auf einmal. In ihren Launen der Verzweiflung und mit der Stimme eines jungen Mädchens erinnert diese Figur Roehlers nur noch entfernt an die nervigen Girlys aus "Gierig" und "Silvester Countdown". Es ist der etwas reifere Wahnsinn, und vor allem bekommt das divenhafte Rumzicken am Abgrund durch die Darstellung Hannelore Elsners enorme Wahrhaftigkeit.

Dabei ist es eigentlich unwesentlich, dass es sich bei diesem Film um eine Auseinandersetzung Roehlers (Ko-Autor mehrerer Schlingensief-Filme) mit der eigenen Mutter Gisela Elsner (nicht verwandt mit Hannelore) handelt, die er allerdings kaum kannte. Die Schwarzweiß-Bilder Martin Schlüters vollenden dies Ereignis des deutschen Kinos, dass auch in Cannes Anerkennung finden soll. Der Schmerz an sich selber, die Verzweiflung, keinen Platz mehr mit ihrer Weltsicht zu haben, eine extrem extrovertierte Lebensweise, die niemand mehr beachtet - all das macht Hannelore Elsner in diesem dunklen Tunnelgang erlebbar.

Ihr atemberaubendes Spiel wird nur noch vom Auftritt Vadim Glownas übertroffen, der Hannas alkoholkranken Ex-Mann Bruno spielt. Auch ansonsten ist der Film mit unter anderem Lars Rudolph, Jasmin Tabatabai und Nina Petri sehr gut besetzt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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