Premiere "Der König tanzt"

Versailles aus Köln-Ossendorf

Köln. Dass ein französischer Film über den schillerndsten König dieser Grande Nation, über eine der wichtigsten historischen Eposchen Europas aus Köln kommen soll, glaub man kaum. Doch wenn der französische Regisseur Gerard Corbiau bei der Premiere Mittwoch in der Kölner Philharmonie bejubelte, dass "Der König tanzt" nach Hause kommt, muss was dran sein.

Tatsächlich ist die prächtige Kostümgeschichte um den Hofkomponisten Jean-Baptiste Lully und "seinen" König Ludwig XIV. zu großen Teilen in den neuen MMC-Studios von Ossendorf am Rande der Domstadt gedreht worden. Borris Terral spielt darin den Komponisten Lully, der den noch machtlosen jungen Ludwig mit seiner Musik begeistert. Der Italiener weiß die Tanzleidenschaft des Thronerben zu fördern. Dessen musikalische Aufführungen sind allerdings kein Zeitvertreib eines verwöhnten Monarchen. Er übt in ihnen Machtstrukturen ein, lässt Gegner nach seiner Pfeife tanzen, inszeniert sich als Sonnenkönig, schafft das "Image", das ihm in der Geschichte zugeschrieben blieb. Ständiger Begleiter, quasi musikalischer Imageberater, dabei war Lully. Dessen Beziehung zum seinem König war allerdings nicht nur machtstrategisch, sondern auch emotionsgeladen, so dass die Abkehr des etablierten Herrschers vom Tanz einen grausamen Niedergang des enttäuschten Hofkomponisten einleitet.

Regisseur Gerard Corbiau, der nach "Maestro" und "Farinelli" seinen dritten Musikfilm inszenierte, vermittelt in markanten Szenen ein erstaunliches Maß an historischen, soziologischen und kulturellen Zeitinformationen: Das Aufgehen des Sonnenkönigs in Tanz und Politik, die Zusammenarbeit von Lully und Moliere in der ersten französischen Oper - Jahre nach der italienischen - und der Wandel von Inszenierung durch Bewegung in die erstarrte Architektur Versailles. Dass die Dramatik im Leben Lullys emotionaler dargebracht würde, kann man sich wünschen. Doch Corbiaus Konzept scheint auch den kühl kalkulierten Konstruktionen dieser Epoche des 17.Jahrhunderts zu entsprechen.

Der Applaus der geladenen Gäste war jedenfalls anhaltend. Corbiaus Dank an Köln und den Ko-Finanzier Filmstiftung NRW überschwänglich. Deren Geschäftsführer Dieter Kosslick, der die Leitung der Berlinale übernimmt, nutzte die letzte Filmpremiere eines "seiner" Filme zu einem mit Recht zufriedenen Rückblick. Ohne Kosslick gäbe es nicht solche Filme aus NRW-Studios. Bei der anschließenden Premierenfeier im Alten Wartesaal sah es dann fast nach Thronübergabe aus. Neben dem scheidenden war auch der zukünftige Chef der Filmstiftung, WDR Kulturchef Michael Schmidt-Ospach dabei. Doch irgendwie sehen die alten Geschichten von Königen, Macht und Image reizvoller aus.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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