Schmeichelnde Unbestimmtheit

Monika Baer - erste Einzelausstellung im Maastrichter Bonnefantenmuseum

Von Günter H. Jekubzik

Eine Premiere besonderer Art feiert das Maastrichter Bonnefanten-Museum mit der ersten Einzelausstellung von Monika Baer: Zwischen Rokokostil und Surrealismus, zwischen Romantik und Abstraktem schwebt das Werk der Berliner Künstlerin, das nach Maastricht in der Münchener Pinakothek der Moderne und in der Ausstellungshalle zeitgenössische Kunst Münster zu erleben sein wird. Vom 2.Oktober bis zum 29. Januar stellt die Maasstadt rund 50 Gemälde und Zeichnungen der letzten Dekade von Monika Baer vor.

Schon beim Eintritt in die Ausstellungsräume empfängt "Ohne Titel" (2005) - wahrlich plakativ auf 2,50 mal 2,80 Meter - mit dem Spiel von freier Malerei in verschwimmendem Grün, Beige und Schwarz sowie detailliert darauf gezeichneten Wurstscheiben, die oben herab regnen! Das Malerische und das Ikonografische bilden in fast allen Bildern die Pole einer artifiziellen Welt, die mit verführerisch gezeichneten Gesamteindrücken lockt, um beim genauen Blick Rätsel aufzugeben.

Besonders reizvoll, und das macht die Ausstellung so gelungen, ist das museale Memory-Spiel mit den deutlich wiederkehrenden Motiven in unterschiedlichen Werken Baers. Die Kreise, die mal als Wurstscheiben, dann mit dünner Haarsträne und Hut verziert als "Jäger" (2003) oder "Jäger im Regen" (2003) auftauchen. Der Haarstrang als Verbindung von fragmentarischem Mädchengesicht und Totenkopf angefangen bei "Huntress in a Snow Storm" (Jägerin im Schneesturm, 2003) über einige Werke "Ohne Titel" bis "Das Grab" (2005) dem alten Vanitas-Motiv einen Hauch von Japan-Horror auf Pastell-Tönen gibt. Eine häufig zu findende Pfeife löst sich auf in eine Perlenkette, wird Ornament und verfließt schließlich in den formlosen, mal gemalten, dann überspritzten Farbwallungen. Wenn man sich auf diese Suche einlässt, wird man selbst der Jäger, der durch die Ausstellungsräume den Spuren des rätselhaften roten Fleckes nachspürt.

Die Berlinerin Bär wurde 1964 in Freiburg / Breisgau geboren und wuchs englischsprachig in Kairo und Wien auf. Von 1985 bis 1992 studierte sie an der Düsseldorfer Akademie bei Professor Hüppi, zog 1999 nach Berlin, wo sie anfangs nur kleinere Bilder malte, im Gegensatz zu den großen Formaten vorher und nachher. Mit diesen relativen "Miniaturen" erkundet sie "unbekanntes Terrain" oder verlässt ein bekanntes Areal. Retrospektiv lässt sich in der Ausstellung nachverfolgen, wie sich Bilder über Monate entwickeln und langsam zusammensetzen. Denn auch diese kleinformatigeren Arbeiten sind zu sehen. Minimale Collagen umarbeiten etwa immer wieder das Foto einer auf dem Rücken liegenden Frau mit übereinander geschlagenen Beinen in kleinem, geschlossenem Raum. Hier können die feministischen Interpretationen gut greifen.

International bekannt wurde Monika Baer 1998 mit der "Mozart-Serie". Eine Reminiszenz aus dieser Phase zeigt in Maastricht eine abgeschlossene Marionettenbühne mit Rokoko-Figuren an Fäden. Der Eindruck des Niedlichen wird von Erschrecken abgelöst, Auch die Farbigkeit, die am Rand des Bildes zu einem psychedelischen Raum gerät, gebiert Irritation. Markenzeichen Monika Baers sind die unterschiedlichen Stile in einem Bild, formale und inhaltliche Collagen mit Brüchen, bei denen sich die Elemente gegenseitig aktivieren. "Sie quält uns mit Unbestimmtheit", meinte die Kuratorin Paula van den Bosch zur Eröffnung in Anwesenheit von Monika Baer treffen. Meist verweigern auch die Titel der Bilder eine Interpretationshilfe, lauten fast immer "Ohne Titel" und scheinen im Bonnefanten möglichst weit weg vom Exponat zu wollen. So nehmen die Bilder ganz für sich gefangen, umgarnen gefährlich mit ihren Haarstränen, den Reizen und den mythisch wirkenden Rätseln ohne nahe liegende Schlüsse.

Zur Ausstellung erschien ein englisch-deutscher Katalog (90 Seiten; 66 Farbbilder) bei der Buchhandlung Walther König. Das Bonnefanten-Museum Maastricht ist Dienstag bis Sonntag geöffnet von 11 - 17 Uhr.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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