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Kanaken-Festival

Aachen. Nach "Lotharingen", dem Blick auf jüdische Kultur im vergangenen Jahr, gewährt das "Kanaken-Festival" in diesen Tagen Einblicke in türkisches Leben in Deutschland. Hinter der Veranstaltungsreihe mit Film, Musik, Lesungen und einem Diskussionsabend steht die Fernperspektive "Isaak nach Babylon". Die gleichnamige Ausstellung soll im September 2000 im Ludwig Forum eine "Reise durch die Differenzen" widerspiegeln.

Hinter dem provozierenden Titel "Kanaken-Festival" steht nicht unbedingt die ursprüngliche, polynesische Bedeutung des Wortes "Kanaken", das ganz simpel "Menschen" meint. Die Reihe greift ein Zitat des deutsch-türkischen Autors Feridun Zaimoglu auf: "Kanaken sind die Menschen, die sich keine Lebensform ausschließlich vorschreiben lassen: Weder daß sie ein Kopftuch tragen müssen, noch daß sie kein Kopftuch tragen dürfen."

Feridun Zaimoglu, dessen Bücher "Kanak Sprak", "Koppstoff" und "Abschaum" im Rotbuch-Verlag erschienen, liest am 23. April um 20 Uhr im Burtscheider Kino "Diana". Dazu gibt es die Filme "Dealer" und "Tellebenden". "Dealer" von Thomas Arslan porträtiert einen jungen Türken im Drogenmilieu Berlins. Die eher klischeehafte Geschichte erzählt in seiner stilisierten und betont langsamen Form ebenso von Lebenssituationen wie von Stimmungen. (auch vom 25.-27.4. 22.45 Uhr Diana) Der kurze Dokumentarfilm "Tellebenden" von Esther Tulodetzki und Anne-Marie Mans zeigt eine türkische Siedlung zwischen Aachen und Würselen.

Daß der Blick auf "muslimische, kurdische, türkische Lebensformen" (Programm) in Deutschland eher Außenseiter fokusiert, begründet Organisator Wolfgang Dreßen damit, daß er einen kurdischen Transvestit spannender findet als kurdischen Volkstanz. Auf dem musikalischen Gebiet gibt es am 29.4. um 20 Uhr im Musikbunker (Goffartstr. 39) als Weltpremiere das Programm "Doppelpaß" mit der türkischen Rapperin Aziza A. und ihrer deutschen Hiphop-Kollegin Cora E.

Als Auftakt zeigt "Lola und Bilidikid" (Eröffnungsfilm des Berlinale-Panoramas 1999) am Mittwoch das Leben schwuler Türken in Berlin. "Schwule Türken - ja gibt es die?" wird wohl die meistgestellte Frage zum Film sein. Ja, es gibt sie und sie haben die gleichen und noch ein paar andere Sorgen wie deutsche Schwule. Berlin, eine der größten türkischen Städte, ist in dieser Hinsicht ein Freiraum. Doch die soziale Kontrolle von Familie und Bekanntenkreis funktioniert auch hier. Auf grausame und brutale Weise, wie der Film zeigt. (21.4. 20 Uhr Diana) Abschließend thematisiert die Podiumsdiskussion "Fundamentalismus" im Karman-Auditorium "christliche, atheistische, muslimische Zumutungen" (28.4., 19.30 Uhr)


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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