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Regisseur Greenaway beerdigt (sein) Kino
Von Günter H. Jekubzik
Thessaloniki. Peter Greenaway zeigte die ersten drei Teile seines multimedialen Epos "The Tulse Luper Suitcases" integral, verkündete den Tod des Kinos und erhielt dafür einen Goldenen Alexander, die Ehrenauszeichnung des 45. Internationalen Filmfestivals in Thessaloniki (20.-29-11.).
Einst wurde der britische Regisseur und Maler Peter Greenaway als Erneuerer des Kinos gefeiert. Bei "Der Kontrakt des Zeichners", "Die Verschwörung der Frauen" oder "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" setzte er Zahlen- oder Farben-Spiele als narrative Elemente ein. Seitdem sind seine Filme uninteressanter geworden aber seine radikalen Theorien beinahe in der Zukunft angekommen.
Jeder der drei ersten Teile von "The Tulse Luper Suitcases" - seinem neuesten Werk - dauert um die zwei Stunden, doch Greenaway bezeichnet sie nur als Trailer für das eigentliche Kunststück: 92 DVDs, die 92 Koffer enthalten, in denen jeweils 92 Objekte die Welt zu repräsentieren. Dabei wird alles durchnummeriert: Episoden, Figuren, Koffer, Kohlestücke ... Jeder soll in seinem eigenen Rhythmus darin stöbern können, interaktiv halt, um noch ein fast aus der Mode gekommenes Wort zu reanimieren. Verbindende Elemente sind Tulse Luper, ein "professioneller Häftling" und Uran, im periodischen System mit der Elementzahl 92 ausgestattet.
Für die Verleihung des "Alexander" - nach Alexander, den großen
Mazedonier - im nordgriechischen Thessaloniki, bedankte sich Greenaway mit
einem für ein Filmfestival etwas defätistischen Abgesang auf das
Kino. In seiner "Master Class", einem faszinierenden Vortrag, bezog er sich
auf den Stummfilm, den es schließlich auch nicht mehr gibt.
Der Maler, der dem Kino der Literatur den Kampf ansagt, der eine visuelle
Bildungslosigkeit beklagt, redete wieder wie gedruckt und meist kann man
was er sagt, später auch als Buch kaufen. Der Film müsse befreit
werden von den Tyranneien des Textes, des Rahmens, der Schauspieler und der
Kamera.
Sowieso würden nur noch fünf bis zehn Prozent der Zuschauer einen Film im Kino sehen. Die anderen erleben ihn auf den kleinen Schirmen, auf DVD oder im Fernsehen. Es bleibt jetzt die alte Henne-Ei-Frage, ob Greenaways Filme das Kino nicht mehr brauchen oder ob das Kino und sein Publikum auf die sperrigen Materialbilder verzichten kann
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