Total Eclipse

Fr/GB 1995 (Total Eclipse) Regie Agnieszka Holland, 108 Min.

Agnieszka Holland und Autor Christopher Hampton ("Carrington") gestalteten die Geschichte Rimbauds und Verlaines "aus Briefen und Gedichten", wie der Vorspann berichtet. Daß dies nicht staubtrocken wurde, verhindert schon ein exzessives Leben Arthur Rimbauds. Als unverschämt selbstsicherer Junge kommt er 1871 in Paris an. Das sechszehnjährige Dichtergenie provoziert mit seinen bäuerlichen Tischmanieren ebenso wie mit der Ablehnung der etablierten, selbstverliebten Pariser Dichterschaft. Doch Paul Verlaine - erst Rimbauds Gastgeber, dann sein Liebhaber - verehrt und fördert den jungen Wilden, der Kollegen mit Lust anficht und auf den Kopf pinkelt. Die Aufopferung geht soweit, daß der alkoholabhängige Paul in selbstzerissenen Exzessen immer wieder seine Frau quält und schlägt. Dabei interessiert Anfangs ein poetischer Konflikt, in dem Verlaine als Dichter einer älteren Epoche mit dem stürmischen Rimbaud seinen eigenen Untergang vorantreibt. Zunehmend konzentriert sich "Total Eclipse" allerdings auf die emotionale Ebene, auf eine ausschweifende, zerstörerische Beziehung zwischen Verlaine und Rimbaud. Der "Extremist" stellt die Ehe in Frage, läßt keine Liebe, sondern nur Egoismus gelten. Die Frage Pauls, ob er ihn liebe, beantwortet Rimbaud mit einem Messerstich in die Hand des Freundes.

Einem Dichter gerecht zu werden, ist immer schwierig. Für die Kenner muß der Film in seiner Vereinfachung banal bleiben, für die Uneingeweihten gestaltet er sich schnell zu abgehoben. So erzählt "Total Eclipse" einiges über Rimbauds Leben, gibt am Anfang eine Ahnung von radikalen Umbrüchen auch durch dessen Dichtung. Die Biographie bleibt aber bis auf ein paar filmische Leckerbissen, ein paar sehr poetische Bilder konventionell. Daß gute Dichter wild leben, viel (hier den reizvoll grünen Absinth) trinken und jung sterben, ist alleine schon etwas klischeehaft. So ist "Total Eclipse" zwar von einem breiten Publikum goutierbar, aber seinem Objekt nicht unbedingt angemessen.

Radikaler war da Richard Dindo mit "Arthur Rimbaud, eine Biographie". Hier sollten nur Texte wirken, die Kamera erstarrte. An Originalschauplätze tragen einfache Gestalten unbewegt und unentwegt (140 Minuten lang!) Zeugenberichte zu Rimbauds Leben vor. Eine Stimme bewegt im inneren Monolog die eigenen Texte des Dichters.

Dem Rimbaud-Darsteller Leonardo DiCapricio bietet diese Rolle eine ideale Stufe in seiner steil aufsteigende Karriere. Unverschämt jung und selbstsicher kann gut jemand wirken, der schon mit 14 Jahren für seine Rolle als behinderter Bruder von "Gilbert Grape" für den Oscar nominiert wurde. Er durfte in "Schneller als der Tod" schon mit Sharon Stone ins Bett. In seiner Nacktheit ist DiCapricio als Rimbaud jetzt verwirrend androgyn. Allerdings rutscht ihm auch schon mal mitten im Paris des 19.Jahrhunderts eine typisch amerikanische Geste heraus.

Wichtig: Auch wenn die Aussprache ähnlich klingt: Der Held des Films trägt kein blutverschmiertes Stirnband zum Maschinengewehr - Rimbaud ist nicht Rambo, wie ein verschlafener Zuschauer bei der deutschen Premiere von Dindos "Arthur Rimbaud, eine Biographie" meinte.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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