Tin Cup

Der mit dem Golfball schlenzt

Von Günter H. Jekubzik

Kevin Costner ist wieder im Spiel - diesmal nicht als "Robin Hood", "Bodyguard" oder als "Waterworld"-Superman. Costner macht das, womit Kaiser Beckenbauer oder Präsident Bush sich das Ende ihrer Karrieren vertreiben: Er spielt Golf. Es hört sich albern an und ist in "Tin Cup" auch im besten Sinne komisch.

Am Rande der texanischen Provinz, wo sich die Gürteltiere Gutenacht sagen, hängt Roy 'Tin Cup' McAvoy zwischen Abschlagplatz und Clubkneipe herum. Sein heruntergekommenes Golfcenter muß er der Ex-Frau überschreiben und David Simms (Don Johnson), der große Rivale aus besseren Zeiten, bietet Roy einen Job beim nächsten Turnier an - als Caddy. Da muß erst die Psychologin Molly Griswold (Rene Russo) eine Golfstunde nehmen, um 'Tin Cup' aus der Lethargie des Looser-Lebens zu reißen.

Der erste Abschlag gerät zum Schlagabtausch und komischen Höhepunkt. Roy gibt einige einfältige Golfpoetik zum Besten. Die intelligente Molly trifft immer die bessere Pointe aber nie den Ball. Im Clubhaus begutachten die Saufkumpels Schlag- und Anmach-Technik. Da der geniale Golfer soviel ungeschickter Anmut auf Anhieb verfällt, läßt der Gegenbesuch nicht lange auf sich warten. In Mollys Praxis versucht sich ein jungenhaft verliebter Roy in den Anfängen der Psychoanalyse, um mit einer Liebeserklärung zu stranden. Weil der eklige David Simms zur Zeit Mollys Partner ist, muß Roy ihn schlagen. Am besten bei den U.S. Open, dem wichtigsten Golfturnier der Welt. Die an Roys rauhen Reizen nicht uninteressierte Psychologin bietet - im Austausch fürs Golftraining - sogar ihre mentale Beratung an. Denn das große Problem bei Roys gescheiterter Karriere war immer, daß er sein überragendes Können beweisen mußte. Für einen scheinbar unmöglichen Schlag geht er volles Risiko, anstatt mit sicherem Spiel den einfachen Sieg zu kassieren.

Schon einmal zeigte Kevin Costner mit Regisseur Ron Shelton seine komischen Talente - im Baseball-Film "Bull Durham". Sein Roy ist wieder ein einfacher, aber netter Kerl unter den Männern, die alle etwas dümmlich wegkommen. Als Roy und sein Schlagtrainer Romeo herausfinden, daß Roys "Denken ihn beim Spiel behindert hat", kontert dieser erstaunt: "Das passiert mir selten." Auch ein ernstes Beziehungsgespräch gestaltet sich mit albernen Golfattributen vor Nase und Bauch doch viel aufgelockerter. So ist auch "Tin Cup" ein netter, charmanter Film. Costner meistert den humorvollen Part mit sichtbarem Vergnügen. Grandios, wie er mit einem Eimer voller Gartengeräte souverän einlocht und dem ungläubigen Gegner 400 Dollar abnimmt. Damit kann er endlich die eigenen Schläger auslösen, die sich jedoch nicht lange der Freiheit erfreuen. Während eines Disputs mit seinem Caddy Romeo (Cheech Marin als perfekter Komik-Partner) bricht Roy sie über's Knie und gewinnt trotzdem mit nur einem Siebener Eisen das Turnier.

Die romantische Handlung von "Tin Cup" hat zwar nicht den perfekten Drive, dafür werden die meisten Gags zielsicher eingelocht. Am Ende droht ein typisches Sportfinale mit dem Geblubber berühmter amerikanischer, hier unbekannter Journalisten. Dazu gibt es den klassischen Kampf von Underdog gegen Siegertyp. Doch auch hier bleibt "Tin Cup" überraschend und Roy schließt mit Stil ab.

USA 1996 (Tin Cup) Regie Ron Shelton, mit Kevin Costner, Rene Russo, Cheech Marin, Don Johnson, 133 Min.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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