Der talentierte Mr. Ripley

USA 1999 (The talented Mr. Ripley) Regie Anthony Minghella, 138 Min.

Dies ist Anthony Minghellas Nachfolge für "Der englische Patient", diesen wunderbaren und ungemein erfolgreichen Film mit Ralph Fiennes und Juliette Binoche. Die Anfangsszenen und das Plakat imitieren den wüsten-warmen Look und fangen wieder italienisch erdige Farben ein.

Doch wie ein Schatten liegt eine frühere Verfilmung des Romans von Patricia Highsmith auf diesen Bildern: "Plein soleil" - "Die Sonne war Zeuge" mit Alain Delon als Tom Ripley. Minghella mag dem Roman treuer folgen als Rene Clément im Jahre 1959 aber das machte noch nie den besseren Film.

Aufgestiegen aus dem Keller des Lebens, blaß, mit hängenden Schultern landet der Möchtegern-Emporkömmling Tom Ripley (Matt Damon) im italienischen Küstenort. Als bezahlter Botenjunge des reichen Mr. Greenleaf soll er dessen Sohn Dickie (Jude Law) bewegen, das süße Nichtstun aufzugeben. Doch Tom erliegt nicht nur der Faszination eines unerREICHbaren Lebensstils sondern auch der des strahlenden Lebemannes Dickie und dessen Freundin March (Gwyneth Paltrow). Der Snob weckt Leidenschaft, Bewunderung und mörderischen Neid. Tom spielt offen mit gezinkten Karten, präsentiert stolz seine Talente: Unterschriften fälschen, Menschen imitieren, Freunde nachahmen. Um sich bei Dickie einzuschleichen, eignete sich der klassische Pianist zum Beispiel eine Jazzleidenschaft an.

Auf den Tripps nach San Remo, Rom und Venedig entsteht tatsächlich ein Anziehung zwischen den beiden. Nur verliert Dickie wie ein kleines Kind schnell den Spaß an neuen Freunden. Er spricht aus, was lange sichtbar war - Tom sei eine langweilige Klette - und ist kurz darauf tot. Ob mit Vorsatz oder im Affekt getötet, das läßt Minghella offen. Nur der aufmerksame Freddy, ein dicker Freund Dickies durchschaut Tom, wird aber auch von der drastischen Entwicklung hinweg gerafft.

"Der talentierte Mr. Ripley" ist nicht unbedingt wie beim Remake von "Psycho" die flachere Version. Aber trotz einer Konzentration auf die vielfältigen Abgründe Ripleys ergibt sich insgesamt ein unstimmige Werk. Vielleicht braucht Minghella reifere, erfahrenere Schauspieler. Es ist schwierig, zu lügen. Noch schwieriger jedoch solch eine Lüge überzeugend zu inszenieren. Matt Damon sieht dabei lange Zeit sehr schlecht aus. (Man fragt sich immer weshalb die Rollen nicht vertauscht wurden: Jude Law ist jederzeit fesselnder.) In einem Satz traf es der Berliner "tip": Minghella tauscht schillernde Amoral gegen langweilige Psychologie.

Das Ausstattungsfestival mit dem treffenden Soundtrack von Gabriel Yared wurde in sehr sorgfältige Bilder gesetzt: Da sieht man Dickie im Spiegel und Toms Kopf darüber deutet einen Austausch der Persönlichkeiten an. ein Unfall in einer Gasse von Spiegelmachern macht das verunglückte Spiel mit den Identitäten schmerzlich spürbar. So wie Tom sich nach einem weiteren Mord im Spiel der Spiegeltüren verliert.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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