Sweet and Lowdown

USA 1999 (Sweet and Lowdown) Regie Woody Allen, 95 Min.

Ein genialer Musiker und eine tragische Gestalt im dauernden Zustand des Scheiterns: Emmet Ray (Sean Penn) war in den 30-Jahren der beste Jazz-Gitarrist der Welt - nach Django Reinhardt, wie er selbst immer betont. Gleichzeitig war Emmet Zuhälter, Säufer, leidenschaftlicher Poolbillardspieler und versessen darauf, mit seiner 45er auf Ratten zu schießen. Auf der Bühne jedoch oder bei Jam-Sessions in Hinterzimmern von Freunden schillerte seine Musik - auch wenn die unbeschreiblichen Grimassen des affektierten Clowns immer wieder von ihr ablenkten.

Woody Allen erzählt in "Sweet and Lowdown" die Geschichte dieses einzigartigen Musikers, eines größenwahnsinnigen und gleichzeitig zutiefst verunsicherten Psychopathen, der mit Geld ebensowenig umgehen konnte wie mit Frauen. Seine Romantik bestand darin, gemeinsam an einsamen Bahnhöfen Zügen zusehen. Eine ungewöhnliche Liebe zu der stummen, simplen Hattie (Samantha Morton) kriegt Emmet ebenso kaputt wie schließlich seine Gitarre. Die Episoden werden unterbrochen von vorgeblichen Interviewszenen mit Woody Allen selbst und Bekannten aus der heutigen Jazzszene. Denn Allen erzählt keine Biographie sondern ein "Fake", ein erfundenes Leben, in dem sich Zeitstimmung und Musik exemplarisch treffen. Mit "Selig" hat er das schein-biographische Spielchen schon einmal getrieben, damals auf dem Gebiet der Weltpolitik. Nun dreht sich alles um den Jazz. Kein Wunder: Woody Allens Begeisterung für Musik war in der Dokumentation "Wild Man Blues" zu verfolgen - für die, die es noch nicht an den Soundtracks seiner Filme gemerkt haben.

Man kann in "Sweet and Lowdown" die Musik genießen, die exzellente Ausstattung mit den stimmigen Kostümen, das unvergleichliche Spiel von Sean Penn als Emmet Ray. Der eitle Pfau, der Kleptomane, der grobe Klotz amüsiert und rührt zugleich. Uma Thurman spielt das überspannte intellektuelle Dummchen Blanche. Eine Sensation ist Samantha Morton als herzlich einfältige Hattie. Allen legte in dieser sprachlos ausdruckskräftigen Figur auch ein Hommage an den legendären Harpo Marx an.

"Sweet and Lowdown" reiht sich harmonisch ein in die Jazzfilme der älteren Herren Bertrand Tavernier ("Um Mitternacht"), Clint Eastwood ("Bird") und Robert Altman ("Kansas City"). Bemerkenswert ist Allens Auswahl der Kamera: Der Chinese Zhao Fei fing die Bilder für "Der Pferdedieb", Zhang Yimous "Die rote Laterne" und zuletzt "Der Kaiser und sein Attentäter" ein. Auch seinen nächsten Film möchte Woody Allen mit Zhao Fei drehen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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