Stage Beauty

USA, Großbritannien, BRD 2004 (Stage Beauty) Regie: Richard Eyre mit Billy Crudup, Claire Danes, Rupert Everett, Tom Wilkinson, Zoe Tapper 110 Min.

Nach Jeffrey Hatchers Bühnenstück "Compleat Female Stage Beauty" inszenierte Richard Eyre ("Iris") diesen bewegenden und reizvoll klugen Film über einen einschneidenden Rollenwechsel auf den Londoner Bühnen in den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts. Ihm gelang nicht nur eine "Stage Beauty", eine Bühnenschönheit, sondern auch ein Filmgenuss.

Dass Knaben oder Männer einst die Frauenrollen wie Shakespeares Desdemona oder Julia spielten, wirkt heutzutage äußerst befremdlich. Noch undenkbarer war es allerdings zu Shakespeares Zeiten, dass Frauen diese Rollen selbst verkörpern. So ist Ned Kynaston (Billy Crudup) der Star der Londoner Theaterszene. Sein Desdemona stirbt so unsterblich schön, dass ihr Publikum rast und nur von Kynaston selbst zu beruhigen ist: Es folgt doch noch eine Schlussszene!

In der Garderobe bedient ihn die Theaterliebhaberin Maria (Claire Danes - die Julia von Baz Luhrmann!), die allerdings heimlich und anonym selbst Othellos Desdemona in einer kleinen Truppe spielt. Als bei einer Abendgesellschaft des gerade aus dem französischen Exil heimkehrten und theaterbegeisterten König Charles II. (Rupert Everett wunderbar dekadent) die Masken fallen, Maria ihr verbotenes Spiel bekennt und sich die ebenfalls schauspielernde Mätresse des Königs solidarisiert, wird der Epochenwandel eingeläutet: Ab nun sollen Frauen Frauen spielen und Männer, egal ob Knaben oder Kastraten, sollen es gefälligst nicht mehr.

Für Kynaston geht eine Welt zugrunde: "Eine Frau, die eine Frau spielt - was ist die Kunst dabei?" Die Kunst, hundert weibliche Posen zu beherrschen, die er in Jahrzehnten erlernte. Er vergeht nicht nur als Künstler, der durch Intrigen aus der Mode gerät, er hat auch noch selbst diesen tragischen Wandel ausgelöst. Maria hingegen wird zum Star - ohne wirklich spielen zu können, sie imitiert nur ihren Seelenverwandten Ned. Der Witz an der packenden Historie liegt darin, dass man Kynaston versteht, dass er Recht hat. Und auch wieder nicht: Ein niedlich naives Aufklärungsgespräch bringt Ned und Maria erneut zusammen. Sie zeigt ihm, was eine wahre Frau machen würde und gemeinsam lassen sie ein (Othello-) Finale entstehen, das noch nie so stark gesehen wurde und nie so tödlich echt aufgeführt wurde.

Die Geschichte mit den Männern in Weibröcken, die haben wir schon gerne und mit viel Sentiment bei "Shakespeare in Love" mitgefühlt. Doch Richard Eyre, Regisseur und früherer Direktor des National Theatres, inszenierte nicht ganz so pompös. Er konzentrierte sich auf das Drama in den beiden Hauptpersonen, das sich atemberaubend auf der Bühne widerspiegelt.

"Stage Beauty" amüsiert sich über die Royals, die Othello gerne "etwas fröhlicher" inszeniert hätten, ganz wie einst Mozarts Kaiser, der "mehr Noten" wünschte. Sie tragen lange Perücken, Schleifchen an Schuhen, Hosen und Jacken. Die Gesichter wurden blass gepudert und dann grotesk bemalt. Das mag historisch belegt sein oder auch nicht. Reiz- und eindrucksvoll sind sowohl Gedanken- als auch Bühnenspiel.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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