Sleepers

USA 1996 (Sleepers) Regie Barry Levinson, 152 Min.

"Es war einmal in der Seele eines Kindes" könnte dieses sensationelle Epos im deutschen Titel heißen. Der große Atem von Lebensgeschichten wie "Es war einmal in Amerika" verbindet sich mit der atemraubenden Gewalt, die vier (fast) unschuldigen Jungen angetan wird. "Sleepers" wird Ende Januar bei uns laufen, ist aber schon jetzt eine Sprachreise in die Niederlande wert.

Nach einem katastrophal verlaufenden Streich müssen Lorenzo (Joseph Perrino), Michael (Brad Renfro), John (Geoffrey Wigdor) und Tommy (Jonathan Tucker) aus dem italienisch-irischen New Yorker Viertel Hell's Kitchen ins Wilkinson Jugendheim. Es ist 1968, der "Summer of Love" herrscht draußen und hinter den Zäunen die wahre Hölle. Die dort erlittenen Mißhandlungen an Körper und Seele sind unbeschreiblich - so zieht sich auch die außerordentlich emotionale und exzellente Kamera von Michael Ballhaus in den schrecklichen Momenten zurück. Das Geschehene fällt ins Dunkel zurück, die Jugend wird verlassen und vergessen - eine einfühlsame Entsprechung der psychologischen Vorgänge bei den vier Freunden.

Nach 13 Jahren haben sie endlich Gelegenheit zur Rache an ihren Schändern. In einem komplexen Spiel vor Gericht gibt Michael (Brad Pitt) den Ankläger der kriminellen John und Tommy. Im Hintergrund versucht sich der Journalist Lorenzo (Jason Patric) als Verteidiger, während Dustin Hoffman nur die Texte abliest. Faszinierend ist, wie die Gemeinschaft des Hell's Kitchen in dieser Extremsituation funktioniert. Es sind alles keine Engel in diesem Viertel, doch für jemand aus ihren Reihen ziehen sie alle Register. Gegenpol des irischen Paten King Benny (Vittorio Gassman) ist der katholische Father Bobby (Robert DeNiro), schon immer bester Freund der Kinder. Seine schwere Gewissensentscheidung gibt dem Ende nochmals Spannung.

Die ersten anderthalb Stunden von "Sleepers" gehören zum Besten, das ich in diesem Jahr im Kino erleben durfte. Die Rache fällt vielleicht etwas zu glatt aus, Robert DeNiro hätte ich auch gerne länger gesehen.

Mit Jason Patric, Brad Pitt, Robert DeNiro, Kevin Bacon, Minnie Driver, Dustin Hoffman, und Vittorio Gassman könnte die Besetzung nicht besser sein. Das Buch schrieb Lorenzo Carcaterra deutlich erkennbar als autobiographische Geschichte.

Mit diesem Film wird der Begriff "Sleepers" bei uns eine neue Bedeutung erhalten. Bislang stand er für Spione, die im Ausland erst nach vielen Jahren tätig wurden und für Filme, die lange Zeit brauchen, um erfolgreich zu werden. Hier meint "Sleepers" die ehemaligen Insassen von Jugendheimen, die danach nie mehr ruhig schlafen können: "Schläfst du noch immer mit dem Licht an?"


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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