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Yo-Yo Ma: Inspired by Bach
Cellosuite No.4, Es-Dur
Sarabande
Kanada 1997 (Sarabande) Regie Atom Egoyan, 55 Min.
Yo-Yo Ma, vielleicht der populärste Cellist unserer Zeit, initierte eine Reihe von sechs circa einstündigen Filmen zu Johann Sebastian Bachs sechs Suiten für Solocello. Der Musiker setzte sich intensiv mit Künstlern aus unterschiedlichen Bereichen auseinander, bevor diese ihre Erfahrungen mit jeweils einer der Suiten umsetzten.
Atom Egoyans "Sarabande" variiert die vierte Suite, der Titel entstand über die nicht belegte Annahme, daß die einzelnen Suiten den sechs Binnenteilen des Suitenaufbaus entsprechen. "So spiegelt der Film Sarabande den Tanz Sarabande wieder. Er ist gravitätisch, in sich gekehrt und voll emotionaler Resonanz." (Atom Egoyan)
"Sarabande" zeigt Yo-Yo Ma auf Konzertreise in Toronto bei Gesprächen mit dem eigenwilligen Chauffeur Sammy Angelopoulos über sein Spiel und die Musik. Diese Selbstdarstellung ist keineswegs aufdringlich, da es hauptsächlich um die Musik geht. Parallel dazu laufen ungewöhnlichen Geschichten ganz im Stille Egoyans ab.
Die Immobilienmaklerin Sarah (Arsinée Khanjian) leidet unter Hustenanfällen als psychosomatische Reaktion auf Lieblosigkeit - auch im Konzert. Nach fünf Jahren will Max sich von ihr trennen, will die gemeinsame Reise absagen und sorgt sich sehr um die Reiserücktrittsversicherung. So taucht das Paar nacheinander bei der Ärztin Dr. Angela France (Lori Singer) auf. Sie, die wie Max und Sarah im Konzert Yo-Yo Mas war, schweift in Gedanken immer wieder an ihre Cello-Meisterklassen bei Yo-Yo Ma ab. Auf dessen Anstoß hin traf sie die Entscheidung zwischen Cellospiel und dem Beruf als Ärztin. Eine Entscheidung, die immer noch nicht klar ist, immer noch übt das Spiel großen Reiz auf sie aus. (Lori Singer faszinierte übrigens schon in "Short Cuts" am Cello.) Auch der schwerkranke Chauffeur Angelopoulos ist bei ihr in Behandlung. Die Nachricht von der Unheilbarkeit seiner Krankheit verbindet Egoyan ausgerechnet mit dem Spiel der fröhlichen Gigue in Angelas Erinnerung.
Die Verbindung der Szenen über die Musik ist ein Grundprinzip der "Sarabande". Bach erklingt von überall her, aus dem Off, dem Radio, vom Piano. Typisch für Egoyan sind Szenen großer Verletzung, von Schmerz und Einsamkeit. Nach dem Hustenanfall Sarahs kann sie das Konzert nur noch draußen auf Monitor verfolgen, während Max im Saal bleibt. Parallel erfolgt auf dem Monitor der Ärztin eine Fahrt in den Körper eines Menschen auf der Suche nach einem Befund. Ein Spiegel geht zu Bruch, was nach Meinung der Sprechstundenhilfe sieben Jahre Unglück bringt.
Und auch typisch: die faszinierend sonderbare Ereignisse: Sarah die nach einem Hustenanfall Wasser aus den Händen eines Fremden trinkt. Das Einspielen Yo-Yo Mas vor dem Konzert in der Limousine Angelopoulos'. Das Vermitteln eines Hauskaufes als fast biblischen Akt. Die anscheinend banalen Versicherungsfragen, die auch beim "Schätzer" und bei "Das süße Jenseits" tief menschliche Bedürfnisse anrührend.
Weshalb der kanadische Regisseur in den Figurennamen die so weit voneinander entfernten Kollegen Kassovitz und Angelopoulos andeutet, muß noch erfragt werden. Deutlicher sind die Scherze über Kanada ("No other country has two airlines with the countrys name in it."), das uns immerhin mit den sehr eigenwilligen Filmen von Egoyan, Rozema und Cronenberg beglückt.
Eine Kritik von Günter H. Jekubzik
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