Ein Spezialist

Fr/BRD/B/Ö/Israel 1999 (The Specialist) Regie Eyal Sivan, 128 Min.

Gesampelter Holocaust?

Der Eichmann-Prozeß war 1961 nicht nur ein historischer Kristallationspunkt, ein menschheits-geschichtlicher Ansatz zur Verbindung von Rache und Gerechtigkeit. Für den Staat Israel stellte die Verhaftung des SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann einen politischen Einschnitt dar, Hannah Arendt begleitete das Verfahren kulturpolitisch ("Eichmann in Jerusalem", 1964). Aus den circa 500 Stunden Originalaufnahmen des Prozesses montierte Eyal Sivan die Dokumentation "Ein Spezialist".

Anhänger einer vermeintlich "echten" Dokumentation sollten sich direkt abwenden, denn Sivan komprimiert Positionen, Aussagen, Vorgänge und vor allem Stimmungen in seiner optischen und akustischen Collage. Dadurch wird das Schwarzweiß-Material nicht nur überdeutlich in den Zustand "Vergangenheit" gesetzt, es wird auch die Ansicht als "Wirklichkeit" vermieden. Ausreichend kommen die Windungen des sprichwörtlichen Schreibtischtäters Eichmann, der für die Deportation der Juden verantwortlich war, zu Wort. Ihnen gegenüber ein Team von Richtern und die furchtbaren Schilderungen von Überlebenden. (Man sieht nebenbei, woher "Nichts als die Wahrheit" seine Ausstattungsidee des Glaskastens genommen hat.) Dann schwellen Klänge an, machen vielleicht "Unerträglich" hörbar? Solche Verfremdungen, die am ehesten an House-Videos erinnern, durchziehen den ganzen Film, entwickeln ihre eigene Spannung. Eine wirkungsvolle und durchaus legitime Form der Geschichts-Aufbereitung oder Stellungnahme. Denn diese "Manipulationen" sind laue Lüftchen, feine Akzentuierungen gegenüber den groben Stimmungsmachen der Knopp'schen Historienreihen im ZDF.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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