Der Sohn

Belgien/Frankreich 2002 (Le Fils) Regie und Buch: Luc und Jean-Pierre Dardenne mit Olivier Gourmet, Morgan Marinne, Isabella Soupart 104 Min. OmU

Weltkino aus der Lütticher Region

Nachdem sie 1999 mit "Rosetta" die Goldene Palme gewonnen haben, waren die Brüder Dardenne auch 2002 mit ihrem neuen Film "Le Fils" (Der Sohn) wieder im Wettbewerb von Cannes vertreten. Das intensive Werk gewann den Darstellerpreis.

Belgien litt in den letzten Jahren unter Wirtschaftskrisen, brutalster Kriminalität und undurchschaubarer Korruption. Dass dabei auch ein sozial aufmerksames Filmschaffen von Weltformat aufkam, mag ein schwacher Trost sein. Markenzeichen der Lütticher Filmemacher Luc und Jean-Pierre Dardenne ist ihre Nähe zu den Figuren - ganz praktisch und auch sozial gesehen. Während ihre Geschichten im unteren Drittel der Bevölkerung spielen, rückt die Kamera dabei den Helden der Arbeiter- oder Arbeitslosenklasse ganz nahe auf die Haut.

Diesmal erleben wir, wie der Schreiner Olivier (Olivier Gourmet) unruhig durch die Werkstatt rennt, zuerst den neuen Lehrling Francis ablehnt, ihn dann doch unter seine Fittiche nimmt. Der in sich gekehrte Mann entwickelt eine Art Obsession zu dem neuen Schüler, nach anderen Gesprächen vermuten wir, dass ein Sohn (fr.: Le Fils) von Olivier eine Rolle spielt. Die Auflösung, nach circa der Hälfte des Films, ist überraschend. Und sollte noch eine Weile ein Geheimnis bleiben, weil es die Regisseure so wünschen. Die Beziehung zwischen Olivier und dem Jungen zeigt sich jedenfalls danach als atemberaubend und unerhört! Trotz einer ungeheuer spannenden Konstellation und guten Details packt "Le Fils" nicht durchgehend und bleibt auf jeden Fall hinter dem Meisterwerk "Rosetta" zurück.

Obwohl Luc und Jean-Pierre Ardenne wieder in ihrer vertrauten Lütticher Region gedreht haben, die von wirtschaftlicher Umstrukturierung und teilweise erschreckenden sozialen Verhältnissen gezeichnet ist, spiegelt sich diese Umgebung nur in den Figuren. Dass der Kamera-Blick so nah auf den Menschen haftet, macht "Le Fils" zu einer universell ergreifenden Geschichte, die überall spielen könnte.

Olivier Gourmet erhielt 2002 in Cannes die Goldene Palme als Bester Darsteller und entwickelt sich langsam zu einem allpräsenten Star im frankophonen Film.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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