Das süße Jenseits

Kanada 1997 (The sweet hereafter) Regie Atom Egoyan, 110 Min.

Die Jahresringe einer Holzmaserung verweisen auf Erinnerung.Erinnerung, das Einzige, was manchmal bleibt, nach Verlust vonHeimat, von Familie, von Menschen. Atom Egoyan, der in Kanadalebende, in Ägypten geborene Armenier zeigte in seinenfrüheren Filmen "Die nächsten Angehörigen" und"Familienbilder" verlorene Menschen. Auch in "Traumrollen", "DerSchätzer" und "Exotica".bestimmte Schmerz die Gefühlslage. Atom Egoyan ist mittlerweileVater geworden und wirkt wesentlich fröhlicher als früher -auch wenn seine Filme immer noch vor Leid strotzen. DieserVaterschaft verdanken wir einen neuen Stoff:

"Das süße Jenseits" schildert eindringlich diePsychostimmung eines Dorfes, dem ein Schulbus-Crash fast alle seineKinder raubte. Mittlerweile hat sich die Gemeinschaft mit demunfaßbaren Schmerz arrangiert. Doch der fremde RechtsanwaltMitchell Stephens (Ian Holm) fordert die Eltern auf, die Schuldigenzu suchen. Genauer: ihn mit dieser Suche zu beauftragen, denn: Jemandist immer schuld! Doch wem dient die Schuldsuche? Lenkt sie nichtängstlich vom eigenen Schmerz ab, verdrängt stattbewältigt?

Dabei trägt Stephens selbst schwer am Schicksal seinerdrogensüchtigen Tochter. In einer der packendsten Szenenerzählt er von einer einsamen Krankenhausfahrt mit seinerkleinen Tochter: Der liebende Vater mußte ihr mit einem Messerdie Luftröhre öffnen, um sie zu retten! Solche ergreifendenGeschichten gibt es reichlich im "süßen Jenseits". Egoyanverwebt sie zu einem unvergeßlichen Stimmungsbild. Dieatmosphärisch dichte und sehr bedeutungsreiche Handlung ist mitder Fabel des Rattenfängers durchwoben, der alle Kinder vonHameln raubte.

Der Film bewegt sich aus zwei Richtungen auf den Unfall zu.Während wir in vielen kleinen Rückblenden auf dieKatastrophe zufahren, rollen die Befragungen den Hergang von hintenauf. Am Ende muß ein Mädchen die Entscheidung für dasseelische Befinden der ganzen Stadt treffen ...

"Das süße Jenseits" ist Gewinner vom "GroßenPreis der Jury" und heimlicher Sieger inCannes'97, denn er erhielt auch den Preis der InternationalenFilmkritik und den der ökumenischen Jury.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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