Satin Rouge

Frankreich/Tunesien 2002 (Satin Rouge) Regie und Buch: Raja Amari 91 Minuten, OmU

Eine Hausfrau irgendwo in Nordafrika. Sie geht durch die Zimmer, staubt ab, blickt auf verschiedene Fotos, entdeckt sich im Spiegel des Schlafzimmers und beginnt zu tanzen. Ganz klassisch erzählt die erste Einstellung schon den ganzen Film: Wie die Witwe Lilia Ýmoralisch streng über die wenigen Freiheiten wettert, die sich ihre Tochter nimmt. Wie sie auf ihrem Feldzug für die Ehre zufällig in einem Nachtclub hängen bleibt und - halb zog es sie, halb sank sie hing - nach vielen Abenden selbst als Tänzerin in dieser verruchten Umgebung auftreten wird. Dass die brave Geschichte am sehr überraschenden Ende etwas von Dallas und Denver abbekommt, irritiert. Auf angenehme Weise erweist sich die liebevolle Mutter als gänzlich skrupellos und irgendwie bleibt als seltsame Moral nur: Stille Hausfrauen verbergen tiefe Abgründe.

Vieles an dieser Emanzipationsgeschichte klingt besser, als es dann tatsächlich umgesetzt wurde: Nach einer Ohnmacht entdeckt Lilia wie neu geboren im Nachtclub eine Gegenwelt zu ihren einsamen Soap-Operas im Fernsehen. Die klare Geschichte konzentriert sich auf Lilias Zerrissenheit zwischen einer verinnerlichten Moral und den eigenen Wünschen. Es ist nett anzusehen, wie die verhärmte Frau langsam in die Freiheit heraustritt, ihre Haarpracht offen trägt und sich schließlich nach dem Schuhkauf mit dem Taxi nach Hause bringen lässt. Auch die stimmungsvollen Tanzeinlagen machen Spaß, zwischen dem allen macht sich aber viel Behäbigkeit breit. Der Schnitt ist schwach, es gibt zu viele Schwenks, die zudem noch unscharf sind. Auch logisch stimmt Einiges nicht, da tanzt Lilia zuerst besser als die Profis und muss doch "noch viel lernen". Doch wer Geduld hat, die mäßige Umsetzung der guten Geschichte auszusitzen, darf schließlich am überraschenden Ende rumrätseln.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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