Rossini oder die mörderische Frage, wer mit wemschlief

BRD 1996, Regie Helmut Dietl, 110 Min.

Großartige Schlachtplatte

Lang ist's her, seit ein deutscher Film für so viel Aufsehengesorgt hat. Bayrische Filmpreise gab es, bevor auch nur eineEintrittskarte verkauft wurde. Alle Medien feiern den Film - und erhat es verdient!

Die Mär will es, das Helmut Dietl allabendlich in einemMünchener Nobelrestaurant speist, in dem sich die filmischeSchickeria gegenseitig die besten Beziehungen vom Teller klauen. Soentstand das "Rossini", ein exquisiter Treff der Eitlen,Überspannten und Verzweifelten im Film. Mario Adorf versucht alsRestaurantchef Stil zu wahren, aber dieses Pack ist einfach zuviel:Ein Produzent (Heiner Lauterbach) und ein schwacher Autor balzen umdie reife Schönheit (Gudrun Landgrebe). Der gleiche ProduzentOskar Reiter bemüht sich mit seinem Regisseurs-Freund UhuZigeuner (Götz George), dem menschenscheuen Erfolgsautor JakobWindisch (der bewegte Mann Joachim Krol) eine Unterschriftabzuringen.

Dazwischen versorgt ein Schönheitschirurg ("Bierchen" ArminRohde) die Stars mit Potenz-Pillen und Brustfüllungen. DieSprache ist deftig, die Sitten sind rauh. Rülpsen im Dialoggehört dazu. Jeder hat hier mit jedem einen Straußauszufechten oder eine Bettgeschichte zu verarbeiten. Nur dieältere Journalistin Charlotte Sanders scheint wieder keinen Kerlabzubekommen. Dann tauchen auch noch drei Bänker auf, um dieKredite des Produzenten zu kündigen. Ein netter Abend bahnt sichan. Haben Sie reserviert?

Nur eine scheint rein zu sein: Schneewittchen (Veronica Ferres)ist ja so arm - und tierisch aufreizend -, daß Rossini ihr denZutritt gewährt. Doch das blonde Biest bricht an diesem Abendgleich drei Herzen für eine Rolle: Die Lorelei.

Mittlerweile weiß sicherlich auch jeder, daß RegisseurHelmut Dietl und das"Superweib" Veronica Ferresauch nach Drehschluß Partner sind. Müssen wir nun den Filmnach real existierenden Persönlichkeiten entschlüsseln? DieSzene mit dem gänzlich nackten Götz George und derhalbbedeckten Ferres als Familienfilm betrachten? Richtig leid tateinem der Dietl, als er seine Sehnsucht nach richtigem Publikumbekundete. Bislang wurde "Rossini" meist vor Insidern gezeigt, dieihr Wissen herauslachen konnten. Aber die Super-Komödie ist auchso umwerfend komisch!

Patrick Süßkind schrieb das Buch zusammen mit Dietl.Der Bestseller-Autor Süßkind - mit "Das Parfüm" -zeigte seinen sartirischen Biß schon in den Fernsehserien"Monaco Franze" und "Kir Royal" - beides von Dietl inszeniert.Wieviel Süßkind wohl in dem umschwärmten Autor undMisanthropen Jakob Windisch ("Ich schreibe, ich lebe nicht!") steckt?

Die Inszenierung bietet erste Sahne in allen Sparten. DieEnsembleleistung darf sogar an Robert Altmans "Players" denkenlassen. Selten war ein so hochkarätiges deutsches Darstellerteamin solcher Perfektion auf der Leinwand zu sehen. Kamera und Lichtzauberten atemberaubende Räume. Das Set ist eine großeBühne, gegeben wird eine durchgeknallte Show. Über jedender deutschen Stars ließe sich schwärmen. Ganz sicher aucheine Leistung von Dietl. Selbst seine LebensabschnittspartnerinFerres läßt er gut aussehen (könnte man als einzigeSpitze anführen).

Nach dem ganz netten Versuch"Alles auf Anfang" nimmtsich hier die Filmszene gelungen auf den Arm. Ähnlich Spaßmacht nur noch "Living inOblivion".

In einem Radiointerview wies Dietl auch auf die Gefahr durchangebliche "Komödien" hin. Es müsse zwischen Komödienund Klamotten unterschieden werden. Und die meisten "deutschen(Beziehungs-) Komödie seien eigentlich das Letzte.

Günter H. Jekubzik


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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