Traumfußball im Kino

Real Madrid will auch auf Leinwand Treffer landen

Von Günter H. Jekubzik

Madrid. Eigentlich eine Sensation: Der Film hat mit Abstand die teuersten Stars aller Zeiten. Doch schauspielerische Qualitäten zeigen Raúl, Beckham, Zidane oder Ronaldo höchstens mal bei einer Schwalbe im Strafraum. Zur Premierenfeier des Spielfilms "Real, la pelicula" in Real Madrids Stadion "Santiago Bernabéu" vor 3000 Gästen standen jedoch die teuersten Fußballer der Welt im Mittelpunkt und waren ganz Glamourfiguren, wie es sich für die "Königlichen" aus der teuersten Liga der Welt auch gehört.

Man weiß nicht so recht, ob der Film auf die Kultur, die Bunte oder die Sportseite gehört: "Real, la pelicula", der gigantische Werbeclip mit einer Spiel-Länge von 90 Minuten - was sonst? - kostete tatsächlich sechs Millionen Euro. Aber er ist auch mehr als das Sammelsurium von Sportschau-Schnipseln, von tollen Toren, typisch hohlen Interviews ("Ich sach mal ..."), mehr als nur ein weiterer Marketing-Schachzug der, ganz unabhängig vom sportlichen Ergebnis, überaus erfolgreichen Marke Real Madrid.

Die Produktion von "Real TV", dem Sender, der Fans rund um die Uhr mit wissenswerten Nichtigkeiten versorgt, erzählt auch fünf kleine, schöne Geschichten über die Begeisterung für Real Madrid in aller Welt.

In Tokio vernachlässigt ein Teenie-Fan Beckhams ihren Freund. Der stellt die hoffnungslose Frage "Er oder ich?", träumt vom vergeblichen Kampf schwacher Manga-Figuren gegen die Weißen Götter und lässt sich schließlich die vorletzte Trendfrisur des britischen Millionenspielers auf den japanischen Kopf setzen.

In New York verletzt sich die junge Soccer-Spielerin Megan schwer am Knie. Ihr Schmerz wird in der Montage für die Fans übersetzt mit Gegentoren und verpassten Chancen der Madrilenen. Dank der Motivation des Vorbildes Ronaldo übersteht Megan die Heilung und spielt fortan wie dieser mit Links. Auch im Venezuelanischen Caracas und im Senegal lassen sich jugendliche Madrid-Fans auf dem Weg zum besseren Menschen mitreißen.

Mittendrin und ebenfalls fiktiv der Geschichtslehrer Thomas aus Madrid. Der nüchterne Intellektuelle erforschte die Stimmungen, die aus dem Stadion gegenüber seiner Wohnung schwappen, lernt Nachbarn, Mitmenschen, Freunde kennen. Und weiß am Ende, nach gefühlten 110 Minuten Film: "Madrid ist ein Gefühl!"

"Real, la pelicula" startete direkt mit 100 Kopien. Im Ferienmonat August erzeugten aber zerstreute Zuschauer wenig Stadionatmosphäre, selbst im Innenstadtkino "Tivoli". (Nein, liebe Fußballfans, nicht benannt nach dem Aachener Zweitligastadion!) Unerlässlich für den Regisseur und Autor Borja Manso, sowie für dieses Selbstbeweihräucherungs-Genre ist das Final-Finale, das Spiel gegen den Erzrivalen Barcelona. Bei den unterlegenen Katalanen, in der falschen Fankurve, läuft der Film tatsächlich auch mit fünf Kopien an - wahrscheinlich nicht mit dem besten Besucherschnitt. Erstaunlicherweise zeigt "La pelicula" kein Fußball-Können oder gar -Kunst. Hektische Montage-Fragmente aus zig Winkeln sollen wohl filmische Qualitäten ersetzen. Hoffentlich macht es Sönke Wortmann besser, der ja mit seiner Kamera bis zur WM Tag und Nacht bei "unseren Jungs" verbringt.

Einen Tag nach der Premiere interessierte in Madrid nur noch die Ankunft des lang erwarteten, neuen brasilianischen Stars Robinho. 10.000 waren zu allein für seine Präsentation im Stadion! Mittlerweile gab es auch den Anpfiff für die spanische erste Liga - jetzt hat jeder wieder das Scheinwerferlicht, das ihm gebührt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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