Tarantino
Tödliche Gewaltkreise bei Tarantino
Von Harry van Leuken
Wer nur das Finale des wegen seiner Gewalt umstrittenen "Reservoir Dogs" gesehen hat, wird auch beim nicht minder brutalen "True Romance" die Handschrift des Autors und Regisseurs Quentin Tarantino erkennen. Im überaus heftigen Finale von "Reservoir Dogs" (Regie: Tarantino) erledigen sich die Gangster sämtlich in einem Gewaltkreis: Jeder erschießt den neben ihm Stehenden, bis er am Ende selber an der Reihe ist. (Wer noch zusätzlich den verletzten, unbewaffneten Polizeispitzel erledigte, ist eine lang diskutierte Frage, die aber am Rande bleiben kann.) In "True Romance" (Regie: Tony Scott) zeigt sich diese für alle tödliche Anwendung von Gewalt in ihrer 'tarantinoischen' Grundform auf einem der vielen Bildschirme: Zwei Asiaten erschießen sich im selben Moment gegenseitig.
Es war einmal im Wilden Westen eine Zeit, in der beim Duell Mann gegen Mann der (moralisch) bessere siegte, der auch immer der schnellere war. In filmhistorischer Perspektive findet sich diese idealistische Gewalt-Sicht selbst noch bei den "dreckigen Western" Sergio Leones. "Spiel mir das Lied vom Tod" vollzieht im Finale die gerechte Rache am düsteren Schurken. Das glorreiche Finale aus "Zwei glorreiche Halunken" ("The good, the bad and the ugly") bilden drei Männer, die sich im Kreis zum Duell / Triell aufgestellt haben. Doch nach dem Schußwechsel wird schnell klar, daß das Dilemma / Trilemma gar nicht wirklich bestand: Es gibt den immer überlegenen Clint Eastwood, der einem der Männer (Eddie Wallach) die Patronen aus dem Revolver nahm und wußte, daß er nur auf den düsteren Schurken (Lee van Cleef) zu achten hatte. Der Kreis der Gewalt wird so zum Spiel, daß der Clevere gewinnen kann. Ein idealistisches Gewaltbild des Regisseurs Sergio Leone mit einem idealistischen Helden Clint Eastwood, der durch Gewalt zu seinen Dollars kam.
Eine deutlich andere Position, die beim schnell verteilten Prädikat "gewaltverherrlichend" mitgedacht werden sollte, bezieht das Finale von "True Romance" als vollkommen überdrehte Märchenversion des Show Down von "Reservoir Dogs": Drei Parteien stehen sich mit mehreren Männern waffenstarend gegenüber. Keiner hat hier den Überblick oder ist klüger, alle ticken panisch aus. Es folgt unausweichlich ein Blutbad, ins märchenhafte verzuckert mit Schneeflocken aus Kissendaunen. Daß Held und Heldin wie einst Sailor und Luna ("Wild at Heart") mit einem Auge davon kommen, gehört in den Bereich des Phantastischen, den "True Romance" von Beginn an mitbedient.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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