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Er kann auch anders!

Interview mit Joachim Król

Joachim Król als ein in Fell gehüllter, norwegischer Fallensteller? Eine Rolle, die ihm nicht zu passen scheint? Genau das paßt ausgezeichnet zum Film "Die Stunde des Lichts", denn der Trapper Lars ist ja keineswegs der rauhe, heldenhafte Macho, den die niederländische Touristin Ellen erwartet hatte. Schon beim Aufbau eines einfachen Gasbrenners verzweifelt Lars, sein Schlauchboot ist konstant undicht und irgendwann gehen ihm sogar die Schlittenhunde durch.

Am 17. Juni 1957 wurde Joachim Król in Herne geboren. Ruhrpott und Vater prägten einen Fußballfan, der an der Otto-Falckenberg-Schule in München die Schauspielkunst erlernte und später auf mehreren Bühnen spielte. Król begann 1983 beim Film: "Mein Karriere startete ähnlich wie ein Pelikan: Der muß erst mal Tempo machen, löst sich langsam aus dem Wasser und bekommt dann später richtig Schwung."

Spätestens seit seinen Auftritt als Kipp in Detlev Bucks komödiantischem Road Movie "Wir können auch anders" ist Joachim Król als einer der beliebtesten Darsteller der Republik ins Blickfeld gerückt. Etwas linkisch, stotternd redselig und ungemein freundlich fuhr Kipp mutig hinaus in die weite Welt. Króls Darstellung wurde mit seinem ersten Bundesfilmpreis gewürdigt. Dann kam "Der bewegte Mann". Król spielte den schwulen Norbert Brommer, der hinter den Supermacho Axel (Til Schweiger) her ist. Ein weiterer Höhepunkt in Króls Karriere war der umworbene Schriftsteller Jacob Windisch in "Rossini". Menschenscheu genoß Windisch im Hinterzimmer des Restaurants und stand doch im Mittelpunkt aller Begehrlichkeiten. Fast eine Folie der momentanen Situation des erfolgreichen und begehrten Schauspielers Król.

Im lockeren Gespräch erzählt Król in seine einfach netten Kölner Wohnung ohne jede Starallüre von seiner Rolle in "Die Stunde des Lichts": "Ich habe mich nach dem authentischen Lars erkundigt, hab' auch sein Foto gesehen. Ich habe mir dann ausgedacht, wie er nach Spitzbergen kommt." Und wieso zieht jemand aus der Stadt in die Einöde? "Der Geist, der da auf Spitzbergen herrscht, ist schon bemerkenswert. Wenn du sagst, ich lebe da, dann wirst du von allen anderen anders angeschaut. Das hat diesem Menschen gefehlt. Wenn ich in einer Millionenstadt einsam bin, dann erscheint das als krank, aber wenn ich in der Einsamkeit einsam bin, dann ist das normal."

Joachim Król über ...
... den Dreh Durch das extreme Wetter und die Wetterwechsel sind die Techniker schier durchgedreht, weil die permanent improvisieren mußten und das Equipement komplett anders reagiert hat, als erwartet. Wir sind in den ersten Tagen kaum zum Spielen gekommen. Alles Weitere was dann passiert ist, kann man fast als Wunder bezeichnen. Die Landschaft und das Naturspektakel hat mich aber für alles entschädigt.

... die Sprache
Ich habe ja schon früher bei den Filmen in Warschau (mit Krzysztof Zanussi) in Englisch gedreht. Bei "Die Stunde des Lichts" war es aber eine doppelte Fremdsprache. Wir haben uns verständigt, daß wir nicht ins Parodistische abgleiten und mit der Sprache eine Entwicklung erzählen. Wir wissen ja nicht genau, wie gut das Englisch von Lars ist. Zusätzlich haben wir überlegt, wie wir die Sprache norwegisch einfärben, ohne sie ins Drollige zu kippen. Ich habe etliche Tage mit einer Sprachtrainerin verbracht, die genau so sprach, einer Norwegerin mit amerikanischer Mutter. Tallulah Hazekamp Schwab war auch immer am Set und wenn die Kamera fertig war, hat sie mir dann als Letztes die Sätze noch dreimal ins Ohr gesagt. Bei der Synchronisation haben wir es dann genau so gemacht. Wir haben uns an das Klischee einer skandinavischen Sprache erinnert, es dann aber ganz reduziert. Etwa die "U"s durch "Ü"s ersetzt und das "s" zum einem "sch" verschliffen. Das sind Aufgaben, die einfach Spaß machen, wenn du als Schauspieler noch etwas mehr tun mußt. Du konzentrierst dich dann auf das, und kommst nicht in die Gefahr, dich kopfmäßig zu vergrübeln. Du spielst es einfach.

... europäische Koproduktionen
Länder wie Belgien, die Niederlande oder Norwegen sind ja nicht unbedingt als Kinoländer bekannt. Durch die Zusammenarbeit bekommt der Film eine größere Dimension. Vielleicht ist das eine gute Idee, sich Geschichten auszudenken, die es möglich machen, daß man in Europa koproduziert und damit größere Filme macht. Und vielleicht auch Märkte aufstößt, damit die Filme nicht nur immer in einem Land reüssieren können. Es hat mir schon zu denken gegeben, daß ich von dem oscarnominierten Stijn Coninx ("Daens") aus einem Nachbarland vorher nichts kannte. Das wird sich ändern, ich werde mich da drum kümmern.

Filmographie (Kino)

1998 LOLA RENNT (Obdachloser) Regie Tom Tykwer

BIN ICH SCHÖN? (Robert) Regie Doris Dörrie

ZUGVÖGEL (Hannes) Regie: Peter Lichtefeld

WHEN THE LIGHT COMES (Lars) Regie Stijn Coninx

1996 ROSSINI - ODER DIE MÖRDERISCHE FRAGE, WER MIT WEM SCHLIEF (Jacob Windisch) Regie Helmut Dietl

1995 HERA LINDS DAS SUPERWEIB (Enno Winkel, Advokat) Regie Sönke Wortmann

1994 KEINER LIEBT MICH (Anton) Regie Doris Dörrie

DER BEWEGTE MANN (Norbert Brommer) Regie Sönke Wortmann

1993 DIE TÖDLICHE MARIA (Dieter) Regie Tom Tykwer

1992 WIR KÖNNEN AUCH ANDERS... (Rudi Kipp) Regie Detlev Buck

1991 HAPPY BIRTHDAY, TÜRKE! (Polizist) Regie Doris Dörrie

LEBEN FÜR LEBEN - MAXIMILIAN KOLBE Regie Krzysztof Zanussi

1988 WO IMMER DU BIST / GDZIESKOLWIEK JEST, JESLIS JEST (Edward) Regie Krzysztof Zanussi

1983 KALTES FIEBER Regie Joseph Rusnak


Ein Interview von Günter H. Jekubzik

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