Hark Bohm-Interview

"... Hollywood nicht imitieren"

Von Günter H. Jekubzik

Die Atlantis-Reihe monatlicher Previews deutscher Filme setzt sich schnell durch. Auch der zweite Abend wurde zum vollen Erfolg: Der Hamburger Regisseur, Schauspieler und "Filmprofessor" Hark Bohm präsentierte seinen neuen, umstrittenen Film "Für immer und immer" (Start in Aachen am 13. Februar). Bevor sich das Publikum traute, Fragen zur Problematik der Adoption und dem amerikanisch-spannenden Finale mit extremer Figurenzeichnung zu stellen, unterhielt der Dozent an der Hamburger Filmschule mit Hintergrundgeschichten und seinen Ansichten zum deutschen Film. "Von den Hollywoodianern lernen, ohne sie zu imitieren," lautete das Plädoyer, das Bohm in einem Interview mit unserem Mitarbeiter genauer erläuterte.

"Tschetan, der Indianerjunge" war 1972 sein erster größerer Film. Seitdem dreht er gute Filme wie "Nordsee ist Mordsee" (1975), "Moritz, lieber Moritz" (1977), "Yasemin" (1988) oder "Herzlich willkommen" (1989) für das deutsche Kino, spielt immer mal wieder selbst eine kleine Rolle und kümmert sich auch vor allem in Hamburg um Hintergründe und Grundlagen des Filmemachens. In der nächsten Woche wird Bohm in der Berlinale-Jury über die Vergabe der Goldenen Bären mitentscheiden. Den momentanen, nationalen Erfolg deutscher Komödien findet er bedenklich, denn "wir haben zur Zeit keine Filmkultur, die einen internationalen Aspekt birgt." Es gehe auch darum, jenseits der Komödie den Zuschauern das Vertrauen zu geben, für einen deutschen Film zwölf Mark auszugeben. "Die Gefahr ist, daß wir so ähnlich wie in den Fünfzigern eine Komödiennische haben mit Heinz Ehrhardt und Peter Alexander, während die Filmkultur woanders stattfindet." Wir müßten auch in anderen Genres "unsere Geschichten mit der handwerklichen Genauigkeit erzählen, mit der die Kollegen in Hollywood oder in London arbeiten." Genau dies gelang Bohm mit dem Adoptionsthriller "Für immer und immer". Allerdings zielen auch die Vorwürfe in Richtung "Hollywood-Dramaturgie".

Mit einer jovialen Hamburger Art, einer einnehmenden Freundlichkeit skizziert Bohm klare Perspektiven. Großen Wert legt er dabei auf die wirtschaftliche Infrastruktur: "Eine Kinokultur als Ganzes hat wesentlich etwas damit zu tun, ob es einen kapitalstarken, industriellen Background auf der Produktions- und Verleihseite gibt. Bei uns sind Industrie und Kapital überhaupt nicht engagiert. Wenn sich das nicht ändert, wird es auch keine deutsche Filmkultur geben."

Dann noch eine letzte Danksagung an das Atlantis-Publikum und eine Erkenntnis, die er mitnimmt, bevor sich die Lokalpresse weiter um ihn drängt: Die Fragen kamen "interessanterweise von Leuten, die im Sozialarbeiterbereich tätig sind und die von einem Film noch etwas mehr erwarten als Unterhaltung mit Niveau."


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

realisiert durch

Ein Service von

arena internet service

FILMtabs-Logo