Wo bitte geht's zum Film?

Von Günter H. Jekubzik

Alle Filmaugen sind zur Zeit nach Berlin gerichtet. Einmal einen eigenen Film auf der Berlinale haben, ist für viele ein großer Traum. Oder die Geschichte hinter Thomas Jahns "Knockin' on Heaven's Door": Haufenweise Drehbücher schreiben, Taxi fahren und irgendwann in einer Bücherei Til Schweiger treffen. Dann dauerte es nur noch ein Jahr und die Millionen für Jahns ersten ganz großen Film waren da. Ähnlich bastelte sich der Schwabe Roland Emmerich seine UFO-mäßige Karriere, deren bisheriger Endpunkt "Independence Day" absolut unglaublich erscheint. Das Ziel ist fest ins Auge gefaßt, jetzt heißt es nur noch anfangen.

Wie's zum Film geht, macht die jetzt 25-jährige Katrin Feistl vor. Bei ihr zuhause gab es keinen Fernseher, aber mit dreizehn Jahren packte sie das Kino. Sie hatte schon immer ein "totales Bedürfnis Filme zu machen, und Filme im Kopf ablaufen lassen."

Schon mit 18 ging die erste Bewerbung an die Hochschule für Film und Fernsehen. Ausgerechnet nach München, das doch so stark in Richtung marktgerechte Professionalität arbeitet! Das klappte nicht, Ersatz boten Filmanalyse-Seminare am Germanistischen Institut der RWTH Aachen.Angestiftet von einer Irlandromantik - "Ich wollte da unbedingt hinziehen" - dann der Versuch in Dublin. Diesmal kam Katrin ganz an die Spitze - der Reserveliste. Im nächsten Jahr noch ein Versuch, wieder nichts.Weiter im Studium und zwischendurch Kellnern im Domkeller. In Aachen einen ersten Film gedreht, den immer noch nicht geschnittenen "Handtaschenfilm": Frauen und ihre Beziehung zu Handtaschen!

"Film schließt alles ein, was ich liebe: Theater, Kunst, Literatur, ich wollte auch mal Modedesign studieren ... Beim Film kann ich davon profitieren, daß ich mich mit vielen Sachen beschäftigt habe."

Und im letzten Jahr die DFFB, die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin: Schon die erste Bewerbung war ein Riesenjob: Zum gestellten Thema "Egotrip" mußte eine Story geschrieben und visualisiert werden. In einem Monat verfaßte Katrin acht Geschichten. Die Fotoserie wurde extrem aufwendig, mit gemietetem Licht und einem Set im Berliner Museum für Verkehr und Technik. "Ich habe mit den Bildgrößen gespielt, Doppelbelichtungen angewandt. Mit Fotos kann man genauso eine Montage machen wie im Film." Dann noch eine persönliche Filmkritik, "Die letzte Kriegerin" war Katrins Wahl. Mittlerweile wäre ihr das Thema für dieses Jahr lieber: "Ein Ereignis das alles verändert!"

Die Bewährungswoche

31 Eingeladene in Konkurrenz: "In der Woche ist man fertig, man ißt nicht, schläft nicht, raucht wie ein Schlot."

Sonntag: Vorstellung unter den Augen von Kameras. Eigene Kritik zu gerade gesehenen Dokumentarfilmen.

2. Tag: In nur 4 Stunden das Treatment für einen Spielfilm schreiben. Thema: "Verloren, Gefunden"

3. Tag: Suche nach Drehort in Berlin

Mittwoch, Drehtag zum Thema "Verpaßt": Mit Super 8-Kamera in einem Café, ein Paar, das sich dauernd ankuckt und davon träumt, was passieren könnte. "Schrecklich aufregend." Als Darsteller: Zwei mögliche oder zukünftige, auf jeden Fall aber eifersüchtige Freunde und eine exzentrische Mitbewohnerin.Ohne Drehgenehmigung in das Aquarium des Berliner Zoos. Plötzlich der Schock: die wichtigste Einstellung vergessen. Deadline ist um Fünf, kurz vor Toresschluß quer durch Berlin, die genervten Leute im Café noch mal umsetzen. Ergebnis: Geschichte und Hintergrund auf nur 2 Rollen, das sind gerade 6 Minuten. Am Ende war sogar noch etwas übrig.

5. Tag: In 25 Minuten unter den Augen der Professoren mit vier Darstellern eine Szene einüben. "Hier war es wichtig, daß ich zu dem Zeitpunkt schon 24 war. Da war so viel Angst, daß ich aggressiv geworden bin: Euch werd' ich's zeigen."

Nachmittag: Den Streß im Alkohol ertränkt.

6. Tag: Den Film von Mittwoch schneiden. Keine Erfahrung mit Schnitt, trotzdem 50 Schnitte in den paar Minuten Film.

7. Ein persönliches Gespräch mit den Dozenten der DFFB: Sehr frustrierend, denen fiel nichts ein, nach zehn Minuten raus, das war's wohl!?!

Erfahrungen nach 4 Monaten DFFB

Mittlerweile steckt Katrin begeistert im Studienstreß, hat einen Übungsfilm im Lütticher Café "Les Olivettes" gedreht und die Toneinführung hinter sich. Die Aachener Kinos Atlantis und Diana planen eine "Patenschaft" mit ihr: Über ihre zukünftigen Filme und regelmäßige Berichte aus Berlin wird das DFFB-Studium als Aufzeichnung nach Aachen geholt.

In Babelsberg gab es für Katrin Feistl ein langes Gespräch mit viel Spaß. Dagegen die DFFB: "läßt tierisch viel Freiheit, aber du bist auch alleine." Sie hatte früher den Ruf, experimental und politisch zu sein. Aber das hat sich geändert. Seit Reinhard Hauff Leiter ist, wird mehr nach der Filmlandschaft geschaut. Dabei verliert man an Naivität. Es ist auch schade, daß ich nicht mehr zur Regisseurin Jane Campion gehe und sage: "I HAVE to work for you!" Die DFFB ist allerdings noch lange nicht so extrem auf den Markt orientiert wie die HFF München.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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