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Erden Kiral und der türkische Film

Im Dezember 1994 war "Das Blaue Exil" auf den Türkischen Filmtagen zu sehen. Erden Kiral und sein langjähriger Prozent und Kameramann Kenan Ormanlar waren damals auch in Aachen.

Sie erklärten, weshalb es der Film so schwer hat, ins Kino zu kommen, für eine europäische Verleihförderung hätte er in drei europäischen Ländern starten müssen, was aber trotz einer Einladung für den Wettbewerb der Berlinale nicht gelang.

Kiral äußert sich zwar sehr deutlich zu den politischen Problemen in der Türkei, "politische Filme" die bestimmte Thesen platt verbreiten, lehnte er ab. Allerdings ist für ihn jeder Film politisch, er bevorzugt jedoch "eine Politik ohne Fahnen".

Sein international größter Erfolg "Ein Saison in Hakkari" wurde 5 Jahre lang nicht in der Türkei gezeigt. Nachdem seit einigen Jahren in der Türkei zwar keine offizielle Zensur mehr stattfindet, befürchtete Kiral trotzdem eine Selbstzensur in den Köpfen der Filmemacher. Er wußte beispielsweise zum Zeitpunkt des Gesprächs nicht, ob "Blaues Exil" im staatlichen Fernsehsender ohne Schnitte gezeigt werden würde. Dabei zeigte der Film ein wichtiges und dunkles Kapitel türkischer Geschichte: Die Revolutionsgerichte und ihre Urteile.

Auf die Frage, weshalb er, der schon seit über zehn Jahren in Deutschland lebt, keinen Film über Türken in Deutschland gedreht hat, sagte Kiral, er würde dann nicht mehr aus der Ecke der "Ausländerfilme" herauskommen. Internationale - oder multikulturelle - Filme gäbe es seiner Meinung nach sowieso nur, wenn Japaner, Inder und Türken gleichzeitig lachen könnten. Kiral ist fest überzeugt, daß nicht die Köpfe der Menschen so schnell erreichen kann wie der Film.

Die Situation für Türkischen Film in der Türkei ist sehr schwierig. Seit den Fünfzigern gab es lange Jahre ein türkisches Hollywood in Istanbul, das eifrig aber sehr klischeehaft produzierte. Mit Yilmaz Güney, dem wohl berühtesten Regisseur der Türkei kamen die Bilder türkischen Landleben in die Welt. Mittlerweile herrscht das amerikanische Hollywood auch in der Türkei. Der Versuch einer prozentualen Abgabe für einheimische Filme wurde auf dem diplomatischen Wege verhindert. Türkische Filmkultur ist in den Kinos kaum noch zu finden. Türkische Filme laufen selten in den besten und größten Kinos. Politische Filme, die Themen wie Kurdenverfolgung behandelten, wurden nur außerhalb des Landes produziert. Der Niedergang von Filmkultur, die im Schaffen von Yilmaz Güney einen Höhepunkt fand, hängt nicht nur mit den Resten von Zensur in den Köpfen zusammen. Auch die Dominanz einer banalen Fernsehkultur drosselte die Spielfilmproduktion auf 3-4 Filme pro Jahr. In den Blütezeiten der Fünfziger waren es einmal 200 Filme jährlich. Umso überraschender kam der Erfolg von "Eskiya" im Jahr 1996: Mit 2,4 Mio Besuchern hatte die klischeehafte Räuberballade im eigenen Land mehr Zuschauer als "Jurassic Park", "Independence Day" und "König der Löwen" zusammen!


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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