Ed Wood

Tim Burtons neuer Film zeigt den Jung-Star Johnny Depp in der Rolle des genialen Stümpers "Ed Wood". Der wahre Ed Wood, dessen Leben und Werk Burton stilecht aufbereitete, hieß Edward D. Wood Jr. Weltweit grassiert mittlerweile ein Ed Wood-Fieber. Auch in Deutschland verbreiten fünf seiner Meisterwerke parallel zum Start von "Ed Wood" im Kino, auf Video und im Fernsehen den seltsamen Genuß seiner leidenschaftlichen Unfähigkeit.

Ed Wood wurde am 10. Oktober 1924 in Poughkeepsie geboren, einem Ort, dessen Name so absurd erscheint wie vieles im bewegten Leben des Allround-Versagers. Berühmtheit erlangte die tragische Gestalt erst posthum, als die Kritiker-Brüder Medved ihn 1981 zum "schlechtesten Regisseur aller Zeiten" und seinen "Plan 9 aus dem Weltall" zum "schlechtesten Film aller Zeiten" erkoren. Diese zweifelhafte Ehre machte sein Werk zum Kult-Objekt für Cineasten.

Edward Wood drehte schnell und erbarmungslos schlampig, wodurch seine Filme den ganz speziellen Reiz des Unfertigen erhielten. Nur sensationelle fünf Tage Drehzeit für 80 Minuten Endprodukt, lediglich ein Versuch für jede Aufnahme: Wood kümmerte sich nicht um den rasanten Wechsel von Tag auf Nacht in seinen Filmen. Die Fäden an den UFOs störten ihn ebensowenig wie umgeknickte Pappkreuze. Bilder aus Filmarchiven füllten dann die selbstgedrehten Szenen kostengünstig auf. Wild einmontierte Soldaten, Büffelherden und Fußgängerscharen umgaben so Bela Lugosi, den dämonischen Drahtzieher der Schicksale.

Die Wiederbelebung dieses vergessenen Dracula-Darstellers für Woods ersten Film "Glen or Glenda" (1953) war ein weiterer Verdienst des von sich selbst überzeugten Autoren, Produzenten Regisseurs und Schauspielers. Mit dem Namen des alten, morphiumabhängigen Stars pries der junge Regisseur seine Projekte an. Selbst nach Lugosis Tod wurde er noch 1956 zum Zugpferd für "Plan 9 aus dem Weltall": Ed Wood nahm einige alte Lugosi-Aufnahmen sowie ein dem Horror-Star nur entfernt ähnelndes Double und schon stand Belas Name wieder ganz oben auf den Plakaten dieses seltsamen Science-Fictions. Außerirdische, deren fliegende Untertassen verdächtig nach bemalten Papptellern aussehen, erwecken darin einen Friedhof zum Leben. Eine Fernsehansagerin namens Vampira und der massige, glatzköpfige Ringer Tor Johnson steigen als Horror-Gestalten aus den Grüften.

Seine Jugend verbrachte Ed Wood im Kino von Poughkeepsie mit Western, Horrorfilmen und Kinoserien wie "Flash Gordon". Von den Eltern erhielt er schon mit elf Jahren seine erste Kamera - die übliche Voraussetzung für eine große Karriere. So kam er nach seinem Militärdienst gegen Japan und Travestie-Auftritten hoffnungsvoll im Jahre 1948 nach Hollywood. Bald würde er, wie sein Vorbild Orson Welles, ein großer Autor und Regisseur sein.

Doch eine andauernde Suche nach Finanziers seiner Filmprojekte bestimmte die kurze "Karriere" von Ed Wood. Für die fast surreale Transvestiten-Nummer "Glen or Glenda" - sein erster vollendeter Spielfilm - bekam er Geld bei einem Produzenten schmuddeliger Sex-Streifchen. Danach mußte eine Baptisten-Gemeinde an Woods Versprechen glauben, "Plan 9 aus dem Weltall" werfe soviel Gewinn ab, daß sich von ihm leicht zehn religiöse Werke drehen ließen.

Seine Leidenschaft für Frauenkleider - auf dem Plakat zum Burton-Film mit der liebevollen Übergabe eines Agora-Pullovers symbolisiert - konnte Ed Wood auf dem Set von "Glen or Glenda" voll ausleben. In der Hauptrolle des heimlichen Transvestiten trug er Kleider, die er dann auch als Regisseur des Films anbehielt. In den Siebzigern mußte er sich nochmals in weiblicher Hülle zeigen: Alkoholkrank und verarmt bot er in Pornofilmen eine eher traurige Vorstellung. Im Dezember 1978 starb Edward D. Wood Jr. vor dem Fernseher sitzend - vielleicht wartete er ja auf seine Wiederentdeckung.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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