Portrait of a Lady

USA 1996 (Portrait of a Lady) Regie Jane Campion, 142 Min.

Exquisites Film-Portrait

"Ich werde niemals kriechen!" So selbstbewußt tritt dieAmerikanerin Isabel Archer bei den englischen Verwandten auf. Wirschauen in die Seelenzustände des Jahres 1872, starke Frauenhatten damals nicht viel Freiraum. Die Schwäche Isabels deutetfrüh eine sehr erotisch gefilmte Szene an, in der ihreSehnsüchte gleich von drei Männern erfüllt werden. Imder Realität weist die aufrechte, sichere Frau die Bewerberzugunsten eines unabhängigen Lebens zurück. Doch nachdemsie durch ihren Cousin Ralph Touchett ein großes Erbe erhielt,kommt es in Italien zur Begegnung mit dem stillen, geheimnisvollenGilbert Osmond (John Malkovich). Seiner Verführung erliegt dieintelligente und sensible Frau. Isabel tritt in ein dunkles Reichhinter dicken Türen und Teppichen ein. Drei Jahre späterist die einst selbständige und -bewußte Frauplötzlich unglücklich und still, wird von ihrem Manngeleitet. Die vielen Spiegel des Palastes werfen immer nur einverzerrtes Bild uneigentlichen Lebens zurück. Fast zu spätentdeckt die kranke Frau das Komplott und die verschiedenstenInteressen hinter ihrer Beziehung.

Ein edler Film, reich im Bild und intensiv im Gefühl, dabeisparsam in der Handlung. Die Kamera umschmeichelt Figuren, weichesLicht legt sich auf die mit sanften Farben gezeichneten Körper.Solch sorgfältig ausgestattete, beleuchtete und fotografierteSzenen zeigt das Kino sehr selten. Um die zentralen Personen spieltein Geflecht von Gefühlen und Interessen mit Verwandten,Verliebten und Verführern.

Die Regisseurin Jane Campion arbeitet als ausgebildete Malerin -nebenbei ist sie auch studierte Anthropologin - mit dem gleichentalentierten Auge wie zum Beispiel Kollege Greenaway. DieJahreszeiten kommen durch eine lange Drehzeit authentisch ins Bild,kein Kunstschnee fabriziert billigen Winter. Bereits Campions ersterKurzfilm "Peel" (1982) erhielt eine Goldene Palme in Cannes. IhreSpielfilmpremiere "Sweetie" (1989), eine harte Alltagsgeschichteüber den Wahnsinn in der Familie, lief auch in deutschen Kinos.Dann kam schon "Ein Engel an meiner Tafel" (1990) und zuminternationalen Preisregen gesellte sich der Publikumserfolg."Das Piano" (1992) wurde gleich mitdrei Oscars ausgezeichnet.

"Portrait of a Lady" kann sich in der Reihe ihrer Erfolge beimeinfühlsamen Publikum sehen lassen. Im Gegensatz zu denVorgängern erscheint die eigentliche Geschichte nicht ganz soaußergewöhnlich. Zudem kommt das "Portrait of a Lady" alsSpitze einer Welle ähnlich gelagerter Filme ins Kino. Ihnen istdie Verfilmung des Romans von Henry James allerdings in jederHinsicht überlegen.

Das "Portrait of a Lady" ist auch für Nicole Kidman eingroßer Film. In Gus van Sants"2 Die 4" (1995) brilliertesie zuletzt als naiv-dreister Medien-Vamp. Der sensationell spannendeThriller "Todesstille" (1988) brachte die Australierin in dievordersten Reihen Hollywoods. Mit ihrem Mann Tom Cruise spielte sieim lauten Motorsportdrama "Tage des Donners" (1990) und demSiedler-Epos "In einem fernen Land" (1992). Doch nun verkörpertsie auf faszinierende Weise die bewegendsten Seelenzustände undzeigt ihr Können. Auch Martin Donovan steigert als lungenkrankerRalph Touchett sein exzellentes Spiel aus vielen Hal Hartley-Filmennochmals.

Günter H. Jekubzik


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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