Nessie - Das Geheimnis von Loch Ness

Loch Ness

GB/USA 1995. Produktion: PolyGram, Working Title Production. Produzenten: Tim Bevan, Eric Fellner, Stephen Ujlaki. Regie: John Henderson. Buch: John Fusco. Kamera: Clive Tickner. Musik: Trevor Jones. Schnitt: Jon Gregory. Darsteller: Ted Danson (Dr. Jonathan Dempsey), Joely Richardson (Laura), Ian Holm (Seewächter), Harris Yulin (Dr. Mercer), James Frain (Adrian Foote), Keith Allen (Gordon Shoals), Nick Brimble (Andy Maclean), Kirsty Graham (Isabel), Harry Jones (Wee Wullie), Phillip O'Brien (Dr. Abernathy), Joseph Greig (Guideon). 95 Min. FSK: . Verleih: CI.

Das Monster von Loch Ness füllt seit Jahrzehnten bereitwillig jedes Sommerloch. Da paßt ein Sommerfilm gut ins Bild, auch wenn er wegen der internationalen Kinozeit-Verschiebung erst im Oktober anläuft.

Der Film beginnt mit der kleinen Isabel als allwissende Erzählerin, deren hellseherische Fähigkeiten im Verlauf der Handlung auch tatsächlich ans Tageslicht kommen. Ihr großer Freund wird Dr. Jonathan Dempsey werden, ein herum- und heruntergekommener Forscher aus Los Angeles. Nachdem er vergebens Seemonster, Yetis und andere Fabelgestalten zu entdecken suchte, hat er kein Auto, kein Geld und vor allem keine wissenschaftliche Reputation mehr. Ihm blieben allein die Dempse-Wespe und Alimentezahlungen an seine Ex-Frau.

Der Zyniker Dempsey, dessen gutes Herz nicht tief unter der Oberfläche verborgen liegt, hält sich mit Alkohol über Wasser und soll - seine letzte Chance - in fünf Tagen die Existenz eines Seeungeheuers im Loch Ness endgültig widerlegen. Dempsey ist zwar nur einer von unzähligen internationalen Nessie-Jägern, die von den lokalen Schotten ausgenommen werden. Er hat allerdings mit Sonar, Radar und Unterwasserkameras die fortschrittlichste Ausrüstung und wird einen kompletten "Scan" des Sees vorlegen. Während er die trüben Tiefen auslotet, weicht sein Trübsinn wachsenden Gefühlen gegenüber der alleinstehenden Pensions-Wirtin Laura, die auch Isabels Mutter ist.

Letztendlich ist der Techniker den trotzigen Sabotageversuchen eines "Seewächters" überlegen. Vor über 1400 Jahren gebot Sankt Columba dem Tier zu verschwinden und seitdem verbirgt es sich - so berichtet der alte Mann die Sage. Dessen Behauptung, man könne das Monster nur mit eigenen Augen und nicht mit Geräten sehen, bewahrheitet sich durch Dempseys Freundschaft mit der kleinen Isabel. Nach Entdeckung einer ganzen Monsterfamilie wendet sich der vorher feinfühlige Dempsey sofort an die Weltöffentlichkeit. Erst in letzter Minute gibt er dem Flehen des Seewächters nach und tauscht wissenschaftlichen Ruhm gegen privates Glück am See ein.

Der Plot funktioniert in Ansätzen wie "Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam" (fd 31 719). Tradition setzt sich eigensinnig gegen den Versuch durch, die Welt als numerisches Modell zu erfassen. Die schottische Version argumentiert jedoch wesentlich oberflächlicher, eine Art "Der Amerikaner, der auf den See fuhr und die Liebe fand". Bei dem nicht gerade sensationellen Stoff soll das Warten auf Nessie mit Unterwasser-Perspektiven spannend gemacht werden. Die lange Abwesenheit des Fabelwesens läßt auch viel Raum für eine zentrale Liebesgeschichte und erklärt sich beim Anblick der seelenlosen Animationen. Wie aus der Vorzeit der Trickgeschichte wirken die entdeckten Monster. Angeblich mit fortschrittlichster Technik entstanden seelenlose Erscheinungen. Verständlich, daß sie so licht-und kamerascheu sind. Mit der Darstellung eines perfekten Happy Ends zeigen sie immerhin Kinoerfahrung.

Die verworrene Moral des Films befürwortet Mysterien und Tradition gegen Forschung und "exakte" Wissenschaft. Mit viel gutem Willen läßt sich diese Interpretation mit zwei alten Herren (der Institutsleiter Dr. Mercer und der Wächter des Sees) als Gegenpole belegen. Doch der Ansatz bleibt aufgesetzte, oberflächliche Fassade. Zwar wird die schottische Landschaft in warmen Tönen präsentiert, eine eigensinnige, eifersüchtige Dorfgemeinschaft ist alles andere als liebenswert. In der Kluft zwischen Idee und Ergebnis geht eine Figur besonders auffällig unter: Dempseys Assistent Adrian war wohl für bodenständig weise Komik eingeplant. Vor allem durch schnell zu wechselnde Haltungen bleibt er konturlos.

Daß Fotoapparate die Wesen - technikfern und mit der gleichen Naivität - wie Kinderaugen betrachten dürfen, ist dabei kurzsichtige Medienromantik.

"Nessie" ist das Kinodebüt von John Henderson, auf dessen Filmographie bislang nur Folgen der TV-Serie "The Borrowers" vermerkt sind. Bestimmender für die britische Produktion mit fast zehnjähriger Entwicklungszeit war Autor/Produzent John Fusco ("The Babe - ein amerikanischer Traum", "Young Guns" und die Fortsetzung "Blaze of Glory - Flammender Ruhm").

Günter H. Jekubzik

Ein am Leben frustrierter amerikanischer Wissenschaftler verliebt sich beim Versuch, die Nichtexistenz des Monsters von Loch Ness nachzuweisen, in eine schottische Dorfbewohnerin. Deren Tochter führt ihn zu überlebenden Urwesen und erst im letzten Moment beschließt der Rationalist, die Legende zu bewahren. Eine Familiengeschichte, deren geplante Schauwerte - Ursprünglichkeit, Tradition und Glaube an Legenden - durch mangelhafte Ausführung des Stoffes unangenehm aufgesetzt wirken.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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