Nelly & Monsieur Arnaud

Fr/I/BRD 1995 (Nelly & M.Arnaud) Regie Claude Sautet, 104 Min.

Eine unglückliche junge Frau, ein seltsamer alter Kerl. Nelly und Monsieur Arnaud scheinen gar nicht zueinander zu passen. Zumal der grauhaarige Monsieur sich auch nicht heranmacht an die Schöne mit den riesigen, traurigen Augen und dem üppigen Lippen. Aber er stellt sie als Schreibhilfe ein, um seine Kolonialerinnerungen in ein Buch zu gießen. (Der Schreibmaschinen-Theoretiker Kittler hätte seine Freude an diesem Verhältnis.) Sprunghaft diktiert Monsieur Arnaud seine Geschichte, unterbricht sich mit persönlichen Fragen, neugierig, forsch. Still, bescheiden und während des ganzen Films fast ohne eigenen Antrieb folgt Nelly.

Mit jeder Manuskriptseite des neuen Buches schrumpft die eindrucksvolle Bibliothek des ehemaligen Juristen. Wie eine Verdinglichung der Weisheit, in jeden Buch stecken tausend andere, verschwinden die alten Werke für das Neue. So wie der alte Monsieur mit seinen Wandlungen überrascht, zeigt sich die junge Frau unbeweglich und mit den Rehaugen hilfesuchend.

Die Gesichter von Michel Serrault und Emanuelle Beart erzählen faszinierend diesen Film. Handlungen und Orte sind nebensächlich (was erbärmlich schlechte Rückprojektionen zeigen). Nelly und Monsieur Arnaud sind anfangs gebrochene Figuren, die sich zerstreut in Spiegelbildern zeigen. Das stille, intensive Meisterwerk von Sautet (zuletzt "Einige Tage mit mir" und "Ein Herz im Winter") zieht in seinen hautnahen Bann und läßt uns nach dem plötzlichen Abschied mit einem warmen Schauer allein.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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