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Nachtsonne

(Il sole anche di notte) I/Fr/BRD 1990, Regie: Paolo u. Vittorio Taviani, 112 Min.

Armer Sergio! Als er kurz vor dem Karrieregipfel erfährt, daß seine Verlobte die Geliebte vom Chef, König Carlo III. von Neapel, war, hat er die Nase voll von den Klüngelleien. Aber auch der zweite Traumjob, den er seit seiner Kindheit hegte, nämlich enthaltsamster Diener Gottes zu werden, macht ihm keine Freude. Dauernd beglotzen ihn adelige Affen und verleiten ihn zum Hochmut. Wie wäre es als frommer Eremit auf einsamer Bergeshöh'? Nur ganz selten kommt Besuch vorbei, also ist viel Zeit für (Selbst-) Gespräche mit dem verblichenen Vorgänger. Nein, auch in diese Wüstenei verirren sich Frauen, die ihn unbedingt 'rumkriegen wollen. Zeit für einschneidende Veränderungen sagt sich Sergio und verschwindet in der Tiefe der Leinwand auf Nimmerwiedersehen.

Die Brüder Paolo und Vittorio Taviani (zuletzt "La notte di San Lorenzo", "Kaos", "Good morning Babylonia") inszenierten dieses Kostümspektakel mit schön ausgewogenen Bildkompositionen und viel rauher Landschaft. Gegen ihre eigenen Aussagen vergaßen sie bei der Europroduktion, daß es schon einmal nach einem Sprachwirrwarr "Gute Nacht, Babylon" hieß. In "Nachtsonne" macht sich zum Beispiel Rüdiger Vogler für die BRD als König Carlo lächerlich, während Nastassja Kinski (USA/BRD) und der französische Beitrag Charlotte Gainsbourg versuchen, ihre gegenwärtigen Reize in Kostüme des 18.Jahrhunderts zu retten. Die schlimmste Fehlbesetzung ist in der Hauptrolle Julien Sands, dessen glattes Gesicht über jeden inneren Zweifel erhaben ist. Auch die Form der Lebenschronik mit wenigen zerstreuten Höhepunkten und vielen Zeitsprüngen verhindert eine Identifikation, die den Lebensweg Sergios vor der Lächerlichkeit retten würde.

So wirkt vor allem der innere Kampf des Mönches albern, wenn nicht schon vorher das Desinteresse siegt. Verständlich, da sich selbst Pater Sergio des Gähnens nicht erwehren kann. Hier erinnert nur noch die Musik Nicola Piovanis an die gewaltigen Eindrücke, welche die Tavianis früher schufen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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