Mord im Weißen Haus

USA 1997 (Murder at 1600) Regie Dwight Little, mit Wesley Snipes,Diane Lane, Dennis Miller, Daniel Benzali, Alan Alda, 106 Min.

Der Originaltitel suggeriert beim Actionhungrigen eine Art"Speed hoch2": Bei Tempo 1600 ereignet sich ein Mord! Wäre sicher einspannender Film gewesen - im Gegensatz zum "Mord im WeißenHaus", der streckenweise fesselt wie eine Nachmittags-Fernsehserie.

Die "1600" ist eine Hausnummer der Pennsylvania Avenue - dieAdresse der Weißen Hauses. Dort landet - nach einer wildenNummer im Amtszimmer des Präsidenten - eine junge Frau brutalermordet in den Toiletten. Die Mordkommission schickt Harlan Regis(Wesley Snipes). Draußen ist dieser ein guter Mann, geschicktund überzeugend wie Eddie Murphy in"Metro". Doch im abgeschlossenen System desWeißen Hauses hat der Geheimdienst schon alles untersucht undgesäubert. Dessen Auflagen sind rigide, seine Informationenknapp und unbedingt geheim zu halten. Geheimdienstchef Nick Spikings(Daniel Benzali) macht sich ebenso verdächtig, wie derPräsidentensohn Kyle (Tate Donovan) mit seinen vielenAffären. Aber auch der Präsident Jack Neil (Ronny Cox)selbst könnte in der Mordnacht heimlich im Haus gewesen sein.Die Medienöffentlichkeit wirft ihm doppeltes Versagen vor, weiler nicht mal sein Haus schützen kann und zusätzlichzögert, Nordkorea wegen ein paar gefangener US-Soldaten denKrieg zu erklären.

Auch dieser Präsident hat nicht gedient. Neuerdings fallendie amerikanischen Filmpräsidenten in zwei Kategorien. Diegedient Habenden und die Pazifisten. Je nach Kriegslust des Filmswird damit stellvertretend Bill Clinton attackiert, der in jungenJahren ja sogar gegen den Vietnamkrieg der Amerikaner protestierte.Die "guten" Staatschefs machen dabei die bessere Kinokasse. Sowohl in"Independence Day" alsauch in "Air Force One"hauen richtige Männer-Präsidenten eigenhändig zu - siehaben gedient und sogar gekämpft! Die amerikanischeFilmindustrie hatte ja schon immer eine besondere Neigung zumMilitär - nicht an letzter Stelle wegen der teuerenKriegsmaterialien, die Army, Air Force und Marine öftersfür besonders militaristische Machwerke zur Verfügungstellen. Andererseits sind die Film-Präsidenten ziemlichdreisten Vorwürfen ausgesetzt: In"Absolut Power" vergewaltigter eine Frau, in"Verschwörung inSchatten" stellt er nur einen Hampelmann dar, der von seinemHelden-Freund Charly Sheen gerettet wird.

Die Themenreihe "US-Präsident" könnte allerdings auchvon ganz banalen Grundlagen inspiriert sein: Das Weiße Haus alsFilmset taucht in letzter Zeit auffällig häufig auf. Von"Dave" bis"Mr. Präsident Jr."werden Nachbildungen von Fassade und Oval Office vor die Kameragehalten. Eine Besonderheit von "Mord im Weißen Haus" ist - vorallem in den ersten Szenen - das stark von unten scheinende Licht,das den Figuren etwas Unheimliches gibt.

Harlan Regis erhält nur Hilfe von der Geheimdienstfrau undEx-Olympiaschützin Nina Chance (Diane Lane), die auch nichteinen unschuldigen Sündenbock für eine undurchschaubareGeheimniskrämerei opfern will. Zusammen rätseln sie herum,laufen vor ballernden Schurken weg und kriegen irgendwie die Zeitgefüllt. Die Mängelliste für dieses charakterarmeEtwas zwischen Politthriller und Langeweile ist lang: Stellenweisebenehmen sich die Figuren dümmer als es des Zuschauers Vernunfterlaubt. Die einfältige Vorstellung von Politik liegt jenseitsjeder Diskussionswürdigkeit. Einige Szenen sind auffälligholpernd geschnitten, andere furchtbar langatmig. Der souveränund lässig spielende Wesley Snipes droht am Ende wieder in seinealte Action-Kiste abzurutschen, wo er doch in"One Night Stand" seingroßes Vermögen zeigte.

Mit dem "Mord im Weißen Haus" läßt sich ganz gutdie Zeit vertreiben, etwas Besonderes oder etwas Neues, etwasInteressantes läßt sich dabei nicht entdecken.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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