Midnight in the garden of good and evil

USA 1997 (Midnight in the garden of good and evil) Regie ClintEastwood, mit John Cusack, Kevin Spacey, Lady Chablis, Jack Thompson,Jude Law, Alison Eastwood, Paul Hipp, Irma P. Hall, Bob Gunton,Geoffrey Lewis, Anne Haney, 150 Min.

Clint Eastwood: Ballermann oder Filmkünstler? Die Frage stehtimmer noch im Raum wie ein einsamer Cowboy auf einer verlassenen undverstaubten Westernstraße. Clint Eastwood hat mit seinen"Brücken von Madison County" Frauen verzückt, die den altenBrutalo "Dirty Harry" abgrundtief verachten würden. Sein "Bird"war eine Hymne auf die Jazzmusik, die er selbst am Piano spielt undkomponiert. Dabei zerbrachen seine Figuren sicher mehr Finger als dasPiano Tasten hat. Nach dem mäßig spannenden Thriller"Absolute Power" zeigt"Midnight in the Garden of Good and Evil" wieder eine andere Seitedes Künstlers Eastwood.

John Berendt sollte eigentlich nur 500 Worte über dieWeihnachtsfeier eines ungewöhnlichen Mannes in derSüdstaaten-Provinz von Savannah schreiben. Heraus kam ein"nicht-fiktiver Roman": "Midnight in the Garden of Good and Evil"basiert auf dem in den USA scheinbar sehr populärenErlebnisbericht von John Berendt, der wie die Hauptfigur John Kelsonach seltsamen Ereignissen als New Yorker in Savannah, Georgiahängenblieb.

Die Zeitschrift "Town & Country" war schon immer scharf aufJim Williams (Kevin Spacey), einen neureichen Kunstkenner, der sichmit aristokratischen Utensilien umgibt, ein Zigarrenraucher, einPatriarch - ein echter Charakter! Sein Südstaaten-Slang ist (inder Originalversion) zu genießen und gerade noch zu verstehen.(Was nicht für alle Figuren gilt.) Eine langsame Kameraenthüllt schnell den seltsamen Ort mit eigenartigen Originalen:Ein alter Schwarzer im antiquierten Anzug führt Tag für Tagein leeres Hundehalsband spazieren. Einen verstört wirkendenWeißen (Geoffrey Lewis) umschwirren Fliegen, Bienen undKäfer, die er mit Fäden an seine Kleidung gebunden hat.Außerdem trägt er ein Fläschchen Gift mit sich - dieganze Dorfgemeinschaft bangt um seine Laune und ihreTrinkwasserqualität.

John Kelso (John Cusak) blickt verständlicherweise meist sehrdumm, zumindest erstaunt in die Gegend. Nicht nur wenn dieVoodoo-Frau (Irma P. Hall) ihm rät, sich mit den Toten zuvereinigen, um die Lebenden zu verstehen. Irgendwann kommt derYankee, wie sie ihn in Savannah nennen, zur Erkenntnis: New York istlangweilig!

"Midnight in the Garden of Good and Evil" kann in den Südenentführen, denn er ist ungewöhnlich, fremd und reizvoll.Mit einem satten ruhigen Rhythmus und präsenten Figuren, danksehr guter Besetzung. Doch es gibt leider auch ein Ereignis, einenWendepunkt: Jim Williams erschießt nach der großen Partyseinen jähzornigen Liebhaber Billy (Jude Law). Jim sagt, es warSelbstverteidigung, doch die Anklage lautet auf Mord. Jim und seinleutseeliger Anwalt und Sportfan Sunny schicken John in dieGemeinschaft, um Stimmen und Stimmungen zu sammeln. Eine geschickterClou, lernt John doch so auch noch den Transvestiten Lady Chablis(Nathan Lane) kennen. Aber auch langweilige Gerichtroutine handeltsich der Film damit ein. Da müßte zuerst die Schereansetzen, denn "Midnight in the garden of good and evil" hat nichtnur einen ziemlich langen Titel, der Film selbst ist auchüber-überlang.

Überraschend nimmt der Film (und Eastwood?) den Voodoo mitseinem Glauben an Wiedergeburt und seinen unheimlichen Kräftenganz ernst! Ebenso bleibt die Homosexualität von Jim Williamsganz selbstverständlich. Ohne Seitenhiebe oder Entgleisungen!Und es gab noch eine Erkenntnis: Als Filmkritiker ist man dochfurchtbar verdorben. Dauernd lauern Vermutungen undVerschwörungen hinter den Gesichtern und es dauert eine Weile,bis man begreift, dies ist eine ganz einfache Geschichte, so wie vorhundert Jahren erzählt wurde. Ohne doppelten Boden, nichtsSelbstreflexives, Postmodernes, nicht mal was Modernes! Hat Kritikersich einmal in diese Welt eingelebt, erschüttert dieSimplizität der Dramaturgie nur noch einmal: Daß Kelso voneiner Lüge vollkommen geschockt wird, rührt fast schon,wirkt aber trotzdem sehr weltfremd.

PS: Eastwoods Tochter Alison (nein - keine Ähnlichkeit zusehen) darf die nette Blumenverkäuferin Mandy spielen. Daßsie blaß bleibt, liegt nur an der dünnen Rolle.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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